Auch wenn draußen die Sonne scheint, ist das Leben für sie meist düster und trist. Die 36-jährige Elke Walcher nimmt ihre Umwelt oftmals nur in Grautönen wahr. Doch tief in ihrem Inneren wandelt die an einer schweren seelischen Erkrankung leidende Frau ihre Eindrücke und Gefühle in einen Farbenrausch um. Es ist ihre eigene Art, sich auszudrücken. "Das Malen bereitet mir viel Freude", sagt sie leise, und ein leichtes Lächeln huscht über ihr zuvor trauriges Gesicht. Sie hat auch allen Grund zur Freude: Ihre Bilder werden nämlich bald erstmals ausgestellt (siehe auch Infokasten).
"Da sie ansonsten sehr verschlossen ist, ist ihre Kunst wie ein Schlüssel, mit dessen Hilfe wir Zugang zu ihr finden", erklärt Markus Oexle, künftiger stellvertretender Gesamtleiter von Regens Wagner (RW) in Lautrach. Von der Sozialorganisation wird die kranke Künstlerin seit Jahren betreut - seit 2007 von Hans Wegerer. Er sagt: "Wir nützen ihre Fähigkeiten, um sie auch in anderen Bereichen zu stärken und sie wieder selbstständiger zu machen." Und das mit Erfolg.
Ab 1999 musste die ehemalige Kinderpflegerin professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, um ihre starken Depressionen bewältigen zu können. Sie war seinerzeit nicht mehr in der Lage, ihrem erlernten Beruf nachzugehen und selbstverantwortlich für sich zu sorgen. Bis 2006 lebte Elke Walcher deshalb im Haus Theresia in Memmingen.
Das ist eine Regens-Wagner-Wohngruppe für Menschen mit einer seelischen Behinderung. In dieser Zeit arbeitete sie auch in einer RW-Werkstätte in Lautrach.
Elke Walcher hatte stets ein Ziel vor Augen: Sie wollte wieder Sicherheit und Stabilität gewinnen. Und das gelang ihr auch: Seit gut drei Jahren lebt sie nun wieder in einer eigenen Wohnung. Zwei- bis dreimal pro Woche bekommt sie Besuch von Hans Wegerer vom Ambulant Betreuten Wohnen. "Meine Kollegen und ich wollen Elke unterstützen und motivieren. Wir sind uns sicher, dass ihre Kunst ihr die dafür nötige Kraft gibt", erläutert Wegerer. Er hat seinen Schützling mit der außergewöhnlichen Begabung immer wieder ermuntert, mit den Bildern an die Öffentlichkeit zu gehen.
Doch die Malerin war sich da gar nicht so sicher. Selbstzweifel nagten an ihr: "Eigentlich wollte ich das zuerst gar nicht, weil ich dachte, dass meine Bilder nicht gut genug sind." Doch Oexle, Wegerer und Kollegen wie Brigitte Herzog bestärkten Walcher bei der Entscheidung, diesen Schritt zu wagen. "Wir hoffen auch, dass andere Menschen, denen es ähnlich geht wie Elke, wieder neuen Lebensmut schöpfen, wenn sie sehen, was sie sich traut", sagen Oexle und Wegerer. Sie wünschen sich nicht zuletzt auch einen Motivationsschub für die Malerin selbst, "damit sie wieder auf die Beine kommt und an sich glaubt".
Und obwohl sie weiß, dass sie noch einen langen Weg vor sich hat, sagt Elke Walcher: "Ich freue mich schon sehr auf die Ausstellung." Sie macht eine kurze Pause und fügt dann ganz still hinzu: "Denn eines Tages soll auch mein Leben wieder so bunt sein wie meine Bilder."