"Die Schiffschaukel mache ich schon immer", sagt Thomas Kreis lachend. Der Augsburger stammt aus einer Schaustellerfamilie und wird zweimal im Jahr zum "Marktoberdorfer". Denn schon seit 14 Jahren schaukelt er im Hartmannhof zum Urbani- und Martinimarkt Leute durch die Lüfte.
Genau genommen schiebt er die Schaukelnden nur an. Doch auch diese Starthilfe sei ganz schön anstrengend, stöhnt Kreis: "Mit meinen 44 Jahren habe ich bereits erste Verschleißerscheinungen." Nichtsdestotrotz hält er das Schaustellertum für den schönsten Beruf der Welt: "Auch heute noch macht mich der Geruch von gebrannten Mandeln und Bratwürsten verrückt." Und das, obwohl Kreis mit jugendlicher Ausstrahlung und grauer Künstlermähne als Schausteller ein alter Hase ist: Mit 18 war er schon selbst mit Fahrgeschäften mobil.
Unterwegs ist Kreis aber von klein auf. Seine Stammschule in Augsburg besuchte er nur von Oktober bis März. Während der Jahrmarkt-Saison zog Kreis dann mit seinen Eltern umher und wechselte dabei fast jede Woche Mitschüler und Lehrer. "Da war ich schon Exot und wurde mit Fragen bombardiert", erinnert er sich.
Kreis Frau ist Wahrsagerin
Das System der Wanderschule gebe es nach wie vor. Kreis Sohn Thomas (13) büffelt aber ganzjährig in Augsburg. Das liegt auch an der Tätigkeit von Kreis Frau Ramona. Als Wahrsagerin blickt sie in die Zukunft der Menschen, und zwar vorrangig in Augsburg.
An den Wochenenden kommen Frau und Sohn regelmäßig zu Besuch. Mitunter ziehen Ramona und Thomas Kreis auch gemeinsam durch die Lande, dann aber mit Schiffschaukel und dem zweiten Fahrgeschäft der Familie, dem Kinderkarussell Samba. Doch für heuer ist Marktoberdorf - wo seine Familie mit verschiedenen Fahrgeschäften seit mehr als hundert Jahren vertreten ist - die letzte Station des Ausstellers. Mit ein bisschen Wehmut erzählt er das. Die Wintermonate verbringt Kreis in seiner Augsburger Wohnung.
Da müsse er jeden Tag beim gleichen Bäcker Semmeln holen. Zudem fühlt er sich dann auch deshalb weniger frei, weil er die Bewerbungen für Märkte und Feste der neuen Saison tippen muss - übrigens auf der Schreibmaschine.
Arbeiten bis ins hohe Alter
Ist Anfang Januar der Plan für die Saison fertig, hofft er auf gutes Wetter. Denn ein verregneter Sonntag bedeute oft ein Verlustgeschäft, so Kreis. Viel verdient sei ohnehin nicht mehr mit dem Schaustellerdasein. Doch Kreis denkt nicht ans Aufhören. Wenn er zum Anschieben der Schaukel mal zu alt wird, gebe es ja noch gebrannte Mandeln, blickt er lächelnd voraus. Schausteller arbeiten nämlich bis ins hohe Alter. Das beste Beispiel dafür ist Kreis Oma Luise Lutzenberger. Mit 87 tingelt sie immer noch mit ihrem Märchenkarussell über die Jahrmärkte.
Sonst auch eine feste Marktoberdorfer Größe, hat die Oma heuer den Kaufbeurer Markt vorgezogen. Dafür ist der Onkel von Thomas Kreis mit zwei Karussells und einer Mandelbrennerei vor Ort.