Von Jochen Sentner, Kempten/Oberallgäu - Hundehalter machen mobil gegen Hundehalter: Unterschriften für den Leinenzwang auch außerhalb der Grünanlagen sammelt Margarethe Dörfler, nachdem kürzlich ein freilaufender Rottweiler-Mischling einen ihrer Pudel beinahe zu Tode gebissen habe. Und Robert Scheibenzuber hat Strafanzeige gestellt gegen den Besitzer eines Rottweilers, der seinen Golden Retriever schwer verletzt habe. Speziell Rottweiler beobachtet das Bayerische Innenministerium seit längerem argwöhnisch. Noch heute zittert Dörflers Stimme, wenn sie sich an die Attacke auf ihren Pudel erinnert: 'Man konnte gar nichts machen, der Mischling war wie von Sinnen, sofort ist er meinem Kleinen an die Gurgel gegangen'. Das zugehörige Frauchen habe den Hund, der an der Rottach unterwegs war, in keiner Weise bändigen können. Drei Stunden habe der Tierarzt den Pudel behandeln müssen, um das Leben des Ausstellungshundes zu retten. Im Fall von Robert Scheibenzuber war der Rottweiler angeleint - 'drei Kinder im Alter zwischen acht und zwölf Jahren gingen mit ihm an der Iller entlang spazieren.' Als das Muskel bepackte Tier den anderen Vierbeiner um die Ecke kommen sah, habe es sofort angegriffen: 'Die Kinder hatten gar keine Chance, den Rottweiler zurück zu halten.' In Kopf und Hals des Retrievers verbiss sich dessen Gegner. Erst eine gezielte Dosis Pfefferspray, das Scheibenzuber nach früheren Angriffen auf seinen Hund immer mitnimmt, brachte den Rottweiler von seinem Opfer ab. Beim Versuch, die Tiere zu trennen, verletzte sich auch das Herrchen. 'Hohe Schadenersatzforderungen' will er zivilrechtlich durchsetzen. Eine Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung und Sachbeschädigung hat er ebenfalls erstattet, die Polizei ermittelt noch. Für Rechtsreferent Wolfgang Klaus ist die Lage in beiden Fällen ziemlich klar: Hunde frei laufen zu lassen ist in allen öffentlichen Grün- und Parkanlagen verboten (die Waldungen an der Rottach zählen nicht dazu). Im übrigen gelte das Prinzip der Verantwortlichkeit des Halters: 'Wer ein Tier führt, muss es so beherrschen, dass es die Umwelt eben nicht gefährdet.' Vor diesem Hintergrund sei es zumindest 'sehr leichtsinnig', Kindern einen ausgewachsenen Rottweiler anzuvertrauen.
Sind Rottweiler Kampfhunde? Bereits im Juni 2001 verkündete Innenminister Beckstein eine Erweiterung der Kampfhundeverordnung. Gerade die Rottweiler und sechs weitere Rassen, die den so genannten Molossern zugehören, sollten darin zusätzlich aufgeführt werden. Doch nach Auskunft des Ministeriums ist diese Verordnung bisher nicht über das Stadium der Anhörung hinaus gekommen. Gegen Ende des Jahres werde das Verfahren abgeschlossen. Sollte der Rottweiler als Kampfhund eingestuft werden, dürften die Tiere nur noch mit Maulkorb geführt werden, Halter bräuchten eine behördliche Erlaubnis. 'Das wäre auch in Kempten ein beachtlicher Bestand', meint Referent Klaus. 'Die Hunde können aber doch nichts dafür', wendet sich der Petersthaler Wolfgang Gaa gegen diese Pläne. Er züchtet seit 25 Jahren Rottweiler - 'noch nie ist etwas passiert'. Das Problem sieht Gaa in Haltern, die ihre Tiere nicht artgerecht aufziehen und unseriösen Schwarz-Züchtern, die sich nicht um das Wesensbild der Rottweiler scherten.