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Hochzeit in einem romantischen Turm

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Hochzeit in einem romantischen Turm

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    Landsberg/Waal - Am 29. August 1929, also vor 75 Jahren, beschloss der Landsberger Stadtrat einstimmig die Errichtung der Herkomerstiftung. Seitdem besitzt Landsberg die bedeutendste Sammlung von Werken des englisch-deutschen Malers Hubert von Herkomer und den Mutterturm, das ehemalige Atelier des Künstlers. Hubert Herkomer, geboren 1849 in Waal, wanderte 1851 mit seinen Eltern nach Amerika aus. 1857 zog die Familie nach England. Dort erlebte Herkomer als junger Mann einen geradezu märchenhaften Aufstieg vom armen, unbekannten Einwandererkind zum in ganz Europa berühmten, hoch bezahlten Künstler. Seine Verbindung in die Heimat der Familie riss nie ganz ab. Als seine Eltern 1878 nach Landsberg übersiedelten, mietete er für sie eine Wohnung in dem Haus, das heute zum Mutterturm gehört und das er später erwarb. Er selbst verbrachte häufig den Sommer in Bayern. 1884 bis 1888 ließ er den Atelierturm im Stil eines normannischen Burgturms errichten und nannte ihn zum Andenken an seine geliebte, 1879 verstorbene Mutter 'Mutterturm'. Herkomer wurde Landsberger Bürger und feierte 1888 glanzvoll Hochzeit in seinem romantischen Turm. Aus Dankbarkeit gegenüber der Stadt, die ihn freundlich aufgenommen hatte, malte er 1893 und 1905 für den Sitzungssaal des Rathauses die beiden großen Gemälde und schenkte sie der Stadt. Landsberg machte den erfolgreichen Maler 1893 zum Ehrenbürger.

    Stolz auf den großen Künstler So stolz war man auf den großen Künstler, dass die Stadt sich als 'Herkomerstadt' bezeichnete und diese Bezeichnung sogar jahrelang, zuletzt 1953, auf jedem in Landsberg abgestempelten Brief zu lesen war. Als Herkomer 1914 kurz vor dem Ausbruch des Weltkrieges in England starb, zog seine Witwe Margaret mit der Tochter Gwenddydd nach Landsberg, wo ihre Situation als Engländerinnen im 'Feindesland' nicht immer einfach war. Die Tochter, der Herkomer schon 1905 den Landsberger Besitz übertragen hatte, heiratete 1918 den Landsberger Arzt Dr. R. Die Familie lebte im Haus neben dem Mutterturm, im Turm war die Praxis. Die Stadt bemühte sich in der Zeit nach dem Krieg um den Aufbau einer Herkomersammlung als Anziehungspunkt für den Fremdenverkehr. Dabei wurden sie von Herkomers Witwe, die nun wieder in England lebte, durch Schenkungen unterstützt. Als Gwenddydd 1927 starb, wollte ihre Mutter den Willen Herkomers erfüllen und den Mutterturm mit dem Haus und dem Park der Stadt übergeben. Das Problem war, dass es über die Frage des Eigentums daran unterschiedliche Auffassungen in der Familie gab. 1929 kam es endlich zu einem Vergleich, der die Errichtung der Stiftung ermöglichte. Lady Herkomer unterzeichnete die Stiftungsurkunde, der Stadtrat stimmte am 29. August 1929 zu. Zweck der Stiftung, so heißt es in der Urkunde, sollte sein, die Werke Herkomers im Rathaus und im Mutterturm der Nachwelt zu überliefern. Als im Dezember 1929 auch die Regierung die Errichtung der Stiftung genehmigt hatte, konnte die Stadt die verwahrlosten Gebäude renovieren lassen und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Lady Herkomer wurde zum Dank die Goldene Bürgermedaille verliehen. Zur Übergabe im Oktober 1930 reiste sie nach Landsberg und brachte als Geschenk die 19 Orden und Ehrenmedaillen ihres verstorbenen Gemahls mit. Lady Herkomer, die 1934 starb, übereignete in den folgenden Jahren eine große Zahl von Werken ihres Gemahls der Stiftung. Die Herkomerstiftung besteht bis heute und pflegt dank des Engagements des Museumsleiters Hartfried Neunzert das Werk Hubert von Herkomers. Anton Lichtenstern

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