Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Hinter der Plexiglasscheibe

Jahrmarkt

Hinter der Plexiglasscheibe

    • |
    • |

    Deckenhohe Gerätekästen, übersät mit Knöpfen, Schaltern und Leuchten. Davor sitzt Albert Aigner und beobachtet durch die Plexiglasscheibe den Rummel, der sich vor seinem "Kommandostand" abspielt. Aigner ist Schausteller in der dritten Generation und seit 39 Jahren auf dem Memminger Jahrmarkt. Anfangs war er mit einer Schießbude da, später mit einer Achterbahn und schließlich mit dem "Break Dancer". Mittlerweile hat selbst dieses Fahrgeschäft schon 20 Jahre auf dem Buckel. "Heutzutage könnte man sich so eine teure Anschaffung nicht mehr leisten", sagt Aigner. "Die Umsätze gehen zurück. Da macht bei der Finanzierung keine Bank mehr mit."

    Dagegen sehe es in Memmingen etwas besser aus: "Die Leute lieben ihr Fest. Sie kommen auch in schlechteren Zeiten." Dann beginnt er, Fahrchips zu ordnen. Der Sprecher zu seiner Rechten drückt die Echo-Taste und ruft: "Alles klar? Zusteigen bitte."

    Peter Bausch im Nachbarhäuschen hat Gesellschaft von Jack Russell Terrier Bobby. Der 28-jährige "Top Spin"-Besitzer übernahm das Fahrgeschäft von seinen Eltern. "Mit 16 habe ich mich selbst aus der Schule entlassen", erzählt er und setzt ein breites Grinsen auf. Dann nimmt er das Mikrofon und sagt: "Kommt Leute, auf gehts! Letzte Runde!" Mit dem Jahrmarkt ist Bausch heuer zufrieden: "Das Wetter spielt eine wichtige Rolle. Und bis jetzt hat es gut gehalten - aber dafür habe ich auch jeden Tag mein Tellerchen leer gegessen."

    Jugendliche wollens wild

    Anderer Meinung ist Bauschs Schaustellerkollege Franz Vetter. Er findet es heuer zu kalt und zu neblig. "Da gehen die Kinder nicht so gerne auf die Schiffschaukel." Überhaupt habe der Umsatz in den vergangenen Jahren stetig abgenommen. "Schaukeln ist nicht mehr so interessant. Die Jugendlichen wollen wildere Sachen."

    Viele junge Leute halten sich beim Autoskooter auf. Sie rauchen, reden und beobachten die Vorbeiziehenden. Aus Lautsprechern dröhnt Popmusik. "Der Autoskooter war schon immer Treffpunkt der Jugend", sagt Geschäftsinhaberin Melanie Staudenrausch, die selbst erst 23 Jahre alt ist. Und dabei gehe es nicht immer friedlich zu. Erst tags zuvor habe sie mal wieder die Polizei rufen müssen. "Da stand eine Gruppe hinter unserem Kassenhäuschen und hämmerte mit den Fäusten dagegen", erzählt Staudenrausch, während sie weiter Fahrchips verkauft.

    Über die Umsätze sagt sie: "Die gehen bei uns Schaustellern allgemein zurück. Aber der Autoskooter ist Kult. Und in Memmingen hat dieses Jahr das Wetter wieder besser mitgespielt."

    Vom Wetter ist auch das Geschäft mit dem Riesenrad abhängig. Dort sitzt Philipp Lorenz im Kassenhäuschen und wärmt sich an einem Heizlüfter. "Das Riesenrad hat eigentlich wenig Konkurrenz", sagt der 25-Jährige und drückt seine Zigarette aus. Die meisten Fahrkarten verkauft er abends zwischen 17 und 21 Uhr. Danach werde es ruhig.

    "Aber auch das hat was", meint Peter Bausch vom "Top Spin", "wenn man nicht wie in vielen anderen Städten sein Kassenhäuschen erst um zwei Uhr nachts schließen kann."

    Hier sehen Sie den Memminger Jahrmarkt in der 360-Grad-Ansicht

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden