Samstagnachmittag, 15 Uhr. Es ist eine große Stunde in der diesjährigen Fasnacht. An die 3500 Hästräger aus insgesamt 109 Zünften und Vereinen versammeln sich zum Freundschaftstreffen des VAN (Verband Alb-Bodensee-Oberschwäbischer Narrenvereine) - und zu einem für Weißensberg denkwürdigen Dämmersprung. Gut 1000 Zuschauer säumen den Umzugsweg. Die Klugen unter ihnen sind winterdick eingemümmelt, das sind die meisten. Einige besonders Harte stehen in kurzen Röckchen und Strümpfen da. Noch scheint die Sonne...
Um 15.30 Uhr ist es soweit. Was dem Publikum geboten wird, ist "erste Sahne", wie es Gisela aus Tettnang ausdrückt. Warm eingepackt steht sie mit Freundinnen an vorderster Front. Den Umzugsplan fest in der Hand versucht sie, so schnell es geht den richtigen Narrenruf parat zu haben. Denn die Narren wollen ordnungsgemäße Antwort auf ihr "Alde Bumbel!" oder "Jo mei, jo mei!" Gisela schreit emsig zurück "Lassets rumble!" oder "De Nebel druckt rei!" Ab und zu gibts dafür Süßes. Meistens aber werden ihre langen blonden Haare zerzaust und sie wird mit einer Hand voll Konfetti "belohnt". Nachdem sie mehr Konfetti als Haare auf dem Kopf hat, versucht sie nicht mal mehr es abzuschütteln. "Kommt eh gleich wieder was drauf", sagt sie und lacht.
Wahre Narrenfluten ergießen sich über den Umzugsweg. Viele schöne, phantasievolle, lustige, gruselige, witzige, bunte Masken und Häser der vielen Geister, Weible, Männle, Teufel, Räuber, Germanen und Wikinger. Die vielen verschiedenen Hexen sorgen trotz extrem eingeschränkter Sicht hinter ihren schweren Holzmasken mit immer wieder neuen Besen- und Menschenpyramiden, Kinderpyramiden, Hexenschaukeln und Hexensprüngen dafür, dass den Zuschauern der Atem stockt und sie für kurze Zeit die Kälte vergessen. Das hat schon was von Zirkusakrobatik. Die Hexengruppen bieten allgemein besonders viel Unterhaltung.
Ob sie nun gurrend an den Füßen der Zaungäste entlang schleichen und dabei deren Schuhbändel aufziehen, Mädchen auf Matratzen werfen und sich als frivolen Haufen darüber, oder ein Spektakel aus Feuer und Rauch veranstalten.
Wölfe vom Wolfsrudel Maierhöfen und die Moorhutzeln, Wildschweine aus Burgweiler, suhlen sich auf der Straße, Bären, Affen und Teufel rasen in die Zuschauer, veranstalten spontanes Gruppenkuscheln, greifen sich junge Mädchen oder Buben, schleppen sie ein Stück weit mit. Es geht unglaublich turbulent zu.
Abends wird es kalt
Und es wird dämmrig. Dann dunkel. Der Narrensprung wird zur absoluten Herausforderung für die Zuschauer, bei deutlichen Minusgraden und einem fiesen Ostwind auszuharren, so viel sie auch zu den rhythmischen Klängen der Lumpen- und Guggenmusiken hüpfen und tanzen. "Ich spüre mein Gesicht gar nicht mehr", beschreibt Gisela und schneidet Grimassen, weil ihr Kiefer "wie eingefroren" ist. Es ist kurz vor 18 Uhr. Der Umzug läuft noch. Aber die Tettnangerin und ihre Freundinnen beschließen, nun ins Festzelt zu flüchten. "Die Masken kann man im Dunkeln eh kaum noch erkennen. Und wir haben genug gesehen", finden sie.
Wenig später, nach mehr als zweieinhalb Stunden laufender und springender Narretei, ist der Umzug zu Ende. Hästräger und Zuschauer feiern im Festzelt bis Mitternacht gemeinsam weiter. Anton Bublak, der Präsident des Weißensberger Narrenvereins, atmet auf: "Alles ist gut gegangen."