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Heute kommt der Schmied zum Pferd, früher war es umgekehrt

Wandel

Heute kommt der Schmied zum Pferd, früher war es umgekehrt

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    Heute kommt der Schmied zum Pferd, früher war es umgekehrt
    Heute kommt der Schmied zum Pferd, früher war es umgekehrt Foto: Andreas Filke

    Braucht ein Pferd neue Hufeisen, muss es in die Schmiede - jedenfalls früher. Heute fährt der Hufschmied bis auf wenige Ausnahmen zum Pferd in den Stall. "Mittlerweile gibt es fast ausschließlich mobilen Service", sagt Hans-Peter Schmid vom Ersten Deutschen Hufschmiedeverband (EDHV). "Man muss unterwegs sein, alles andere hat wenig Wert", bestätigt Günter Freudling.

    Der 38-Jährige aus Haldenwang (Oberallgäu) legt als mobiler Hufschmied - oder offiziell Hufbeschlagschmied - 30000 Kilometer jährlich zurück. Sein Arbeitsradius beträgt etwa 30 Kilometer. "Das Einzugsgebiet ist heute viel größer als früher", sagt Schmid. Nur von den Tieren aus einem Ort könne keiner leben. Dazu kommt, dass nicht mehr in jeder Gemeinde eine Schmiede betrieben wird. Die Folge: weite Wege für die Tierhalter. "Als Betreiber eines Pferdepensionsbetriebes ist das undenkbar", sagt Anton Schindele. Er hält in seinem Zucht- und Ausbildungsstall in Unterthingau (Ostallgäu) rund 35 Rösser. Sie alle benötigen, um gesund zu bleiben, im Normalfall alle sechs bis acht Wochen eine "Pediküre".

    Dabei wird der Huf entweder in Form gefeilt und geschnitten oder mit einem Beschlag etwa aus Eisen oder Plastik versehen.

    Alleine beschlagen

    Die rund 140 Hufe von Schindeles Pferden liegen in den Händen von Freudling. Der Haldenwanger ist seit 15 Jahren Hufschmied und arbeitet - wie ein Teil seiner Kollegen - allein. Sprich, er hat niemanden, der die Hufe für ihn hält. "Wenn ich alleine beschlage, spüre ich das Pferd besser", sagt er. Er merke zum Beispiel schneller, ob das Tier unruhig werde. Zudem könne er Termine flexibler planen, ohne Rücksicht darauf, wann der Pferdebesitzer Zeit hat. Außerhalb des deutschsprachigen Raums "arbeitet jeder Schmied allein. Die können sich ja nicht alle irren", lacht er.

    Warum er Hufschmied wurde? "Ich wollte immer mit Pferden arbeiten", sagt Freudling, der selbst seit seiner Jugend reitet. "Es ist mein Traumberuf. Nur wegen dem Geld darf man es aber nicht machen. Der Bezug zum Pferd muss da sein", betont er. Um als Hufschmied überleben zu können, seien etwa 300 Kunden nötig, gibt Freudling einen statistischen Wert wieder. Er selbst kann über mangelnde Aufträge nicht klagen. Seine Arbeitstage sind oft ausgebucht. Ähnlich geht es anderen Hufschmieden in der Region angesichts der steigenden Anzahl an Pferden. Im Ostallgäu zum Beispiel waren 1983 knapp 1400 Pferde registriert, 2009 waren es über 3000, so die Zahlen vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kaufbeuren. Im gesamten Bundesgebiet leben laut einer Marktforschungsstudie heute deutlich mehr als eine Million Pferde und Ponys - viermal soviel wie vor 40 Jahren.

    Ob Hufschmied demnach ein Beruf mit Zukunft ist, will Schmid vom EDHV aber nicht uneingeschränkt bestätigen: "Es kommt auf die Region an", sagt er. In manchen Gebieten gebe es schon beinahe wieder zu viele Hufschmiede. Wie viele genau derzeit im Allgäu arbeiten ist statistisch nicht erfasst. "In Deutschland sind es circa 1500 bis 2000 Hauptberufliche", schätzt Herbert Ammer, Vorsitzender der Fachgruppe Hufbeschlag im Fachverband Metall Bayern. Etliche seien aber nicht in Verbänden organisiert und deshalb nicht zu erfassen.

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