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Herzlich, urig vegetarisch? Silvia Beyer betreibt bei Pfronten die erste Veggie-Hütte der Allgäuer Alpen

Gastronomie

Herzlich, urig vegetarisch? Silvia Beyer betreibt bei Pfronten die erste Veggie-Hütte der Allgäuer Alpen

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    Herzlich, urig vegetarisch? Silvia Beyer betreibt bei Pfronten die erste Veggie-Hütte der Allgäuer Alpen
    Herzlich, urig vegetarisch? Silvia Beyer betreibt bei Pfronten die erste Veggie-Hütte der Allgäuer Alpen Foto: Anna Hatt

    Der Traum von der eigenen Hütte war lange da. Klar war für Silvia Beyer auch: Wenn ich was eigenes hab, dann kann das nur vegetarisch sein. Seit Mai 2015 bewirtet die 49-Jährige bei Pfronten-Kappel die Hündeleskopfhütte und setzt dabei auf absolut fleischlose Küche und frische Zutaten.

    "Du Mama, wo gehen die Kälbchen eigentlich hin, wenn der Viehhändler sie geholt hat?" - Diese Frage stellte die damals zwölfjährige Silvia Beyer ihrer Mutter. Die Antwort veränderte alles. Als das Mädchen erfuhr, dass die liebgewonnenen Rinder vom elterlichen Bauernhof in Nesselwang erst zur Mast kamen und schließlich im Schlachthaus landeten, war klar: "Nein, da mach ich nicht mehr mit." Seitdem ernährt sich Silvia Beyer vegetarisch.

    Erfahrung sammelte die gelernte Hauswirtschaftsmeisterin auf verschiedenen Berghütten. Dort merkte sie schnell, dass Vegetarier oft keine große Auswahl an Gerichten hatten. "Veganer haben mir immer ganz Leid getan. Da gabs dann oft nur Salat ohne Dressing." Also fing sie an, anhand von Strichlisten die Nachfrage vegetarischer Gerichte zu ermitteln. "Ich hab jeden Tag was auf meiner Liste gehabt. Da war mir klar, die Zeit ist reif: Die Leut' sind da."

    Die erste vegetarische Hütte in den Alpen

    Am 20. Mai 2015 eröffnete eröffnete Silvia Beyer am Edelsberg die erste vegetarische Hütte in den Allgäuer Alpen. Und die Gaststätte kommt an: Angefangen mit zwei Schüsseln Spätzleteig, sind es jetzt acht bis 15 pro Woche. Was in der Anfangszeit noch per Hand geschnippelt werden konnte, übernimmt mittlerweile die "ein oder andere betagte Maschine."

    "Man darf vor der Arbeit hier oben keine Angst haben", lacht Silvia Beyer. Oft dauert ein Arbeitstag bis Mitternacht und auch die Logistik hinter dem Küchenbetrieb ist auf 1.180 Metern ohne durchgängige Stromversorgung eine Herausforderung. Doch vor allem der Kontakt zu den Gästen und die Unterstützung durch Familie und Freunde geben Silvia Beyer Kraft. Sie kann sich "nichts schöneres vorstellen", als auf ihrer Hütte zu arbeiten und zu kochen.

    "Wegen Grünzeug kommen die Leute doch nicht in die Berge"

    Viele bringen eine zünftige Berghütte und vegetarische oder gar vegane Küche nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Ein Gast bemerkte sogar, die Leute kämen wegen "Grünzeug" doch nicht in die Berge. Dabei findet man auf der Brotzeitkarte der Hündeleskopfhütte gar keinen Salat. Der wird in der Regel als Beilage gereicht. Denn was vegetarische Gerichte betrifft, gibt laut Silvia Beyer gerade die Allgäuer Küche "ganz viel her."

    Nämlich klassische Kässpatzen, Krautkrapfen, "a saura Käs'" – das alles ist laut Beyer "unglaublich deftig und würzig." Zum "Hüttenrenner" hat sich aber ein Exot gemausert: Die vegane Zucchini-Lasagne, überbacken mit Mandelmus, kommt bei den Gästen besonders gut an.

    Die Auswahl der Zutaten liegt Silvia Beyer besonders am Herzen. Selbst Kräuter bezieht sie am liebsten regional und aus Bio-Anbau. Bei Milch und Käse achtet sie darauf, dass gentechnikfrei produziert wurde.

    Acht Millionen Menschen in Deutschland ernähren sich vegetarisch

    Damit trifft sie wohl einen Nerv in der Gesellschaft. Immer mehr Menschen ernähren sich bewusst fleischlos und achten auf Nachhaltigkeit. Für Silvia Beyer ist Vegetarismus mehr als ein Trend. Denn sie weiß: In Deutschland gibt es laut Vegetarierbund Deutschland mittlerweile acht Millionen Vegetarier. Und sie wünscht sich noch viel mehr. "Weil's uns alle letztendlich gut tut: dem Boden, den Menschen und den Viechern."

    Mit ihrem Konzept möchte Silvia Beyer aber nicht nur Vegetarier und Veganer ansprechen. Ihr liegt besonders am Herzen, dass sich auch die Einheimischen wohl fühlen auf ihrer "Skihütte", wie die Kappeler sagen – obwohl der zugehörige Skilift lange abgerissen ist. Statt Skifahrern kommen vor allem Wanderer, Schneeschuh- und Skitourengänger an die Hündeleskopfhütte. Eineinhalb Stunden dauert eine Wanderung von Pfronten-Röfleuten über die Alpspitz. Von Pfronten-Kappel aus ist der Aufstieg bereits in "gemütlichen 45 Minuten" zu schaffen. Im Winter auch mit Rodel.

    Bekehren möchte Silvia Beyer aber niemanden: "Das geht gar nicht und ist gar nichts meins." Auch ihre vier mittlerweile erwachsenen Kinder "durften immer frei wählen und mussten nicht vegetarisch werden." Wer seinen mitgebrachten Landjäger essen will, der darf das auch. Sie will zum Nachdenken anregen und freut sich über jeden Gast, der sich nach dem Besuch auf der Hündeleskopfhütte ein wenig mehr Gedanken über Massentierhaltung und Fleischkonsum macht.

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