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Herr Rothfuß, glauben Sie an Wahlbetrug? - Oberallgäuer AfD-Kandidat im Interview

Bundestagswahl 2021 - Nachlese

Herr Rothfuß, glauben Sie an Wahlbetrug? - Oberallgäuer AfD-Kandidat im Interview

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    Rainer Rothfuß, bei der Bundestagswahl 2021 der AfD-Direktkandidat der Oberallgäuer AfD.
    Rainer Rothfuß, bei der Bundestagswahl 2021 der AfD-Direktkandidat der Oberallgäuer AfD. Foto: Markus Gärtner

    Die Bundestagswahl 2021: Wie immer gab es Gewinner und Verlierer. Die AfD hat sich in ihren Wahlanalysen nicht wirklich einheitlich gezeigt. Die beiden Spitzenkandidat(inn)en Alice Weidel und Tino Chrupalla sprachen bei 10,1 Prozent von einem "stabilen Ergebnis". "Noch"-Co-Parteichef Jörg Meuthen dagegen war enttäuscht: Man dürfe nichts schönreden, sagte er in der gemeinsamen Wahlanalyse.

    AfD-Anhänger: "Wahlbetrug!" - "Das kann gar nicht stimmen!"

    Auf diversen Facebook-Seiten der AfD wurde das Wahlergebnis äußerst zahlreich kommentiert. Reflexartig sprachen viele AfD-Anhänger von Wahlbetrug ("Wie kann das sein, dass die AfD nur 10 Prozent der Stimmen hat? In meiner Familie / meinem Freundeskreis hat JEDER AfD gewählt" – "Wahlbetrug!" – "Das geht nicht mit rechten Dingen zu!" und viele andere). Auch unter einem Post auf der Facebook-Seite des Oberallgäuer AfD-Direktkandidaten Rainer Rothfuß steht ein Kommentar: "dass hier betrogen wurde!" . Im Interview mit all-in.de erklärt Rainer Rothfuß, wie man damit umgehen sollte.Herr Rothfuß, Glauben Sie, dass bei dieser Bundestagswahl die AfD bei der Auszählung um Stimmen "betrogen" wurde?Rainer Rothfuß:Viele der für die AfD demokratisch engagierten Mitbürger mussten auch in diesem Wahlkampf beinahe täglich die Erfahrung machen, dass in großem Stil Plakate zerstört, entwendet oder beschmiert werden und dass geltende Gesetze kaum durch Behörden oder Polizei durchgesetzt werden können, wenn von den Straftätern im Verborgenen gehandelt wird. Da ist es einfach eine menschliche Reaktion, dass man davon ausgeht, dass sich auch beim Auszählen der Stimmen einzelne ideologisierte Personen "berechtigt" fühlen könnten, der AfD zu schaden. In unserer Region gehe ich jedoch davon aus, dass die doch sehr korrekten, meist der öffentlichen Hand angehörenden Wahlhelfer Recht und Gesetz auch gegenüber der AfD achten.Wie kann man Ihrer Meinung nach in Zukunft gegen eventuelle Wahlmanipulationen oder gegen die Befürchtung der Wahlmanipulation vorgehen?Rainer Rothfuß:Ich denke, dass sowohl Auszählung als auch die finale Stimmenaddierung maximal transparent erfolgen sollten. So wären zum Beispiel Webcams in jedem Auszählungsraum ein klares Signal an jeden interessierten Bürger, dass es nichts zu verbergen gibt. In Russland konnten so bereits bei der Präsidentenwahl 2012 ganze 600.000 Personen die Vorgänge im Wahllokal live verfolgen. Die forensischen Untersuchungen der US-Präsidentschaftswahlen 2020, die vor wenigen Tagen öffentlich präsentiert wurden, zeigen doch massive Manipulation in einer der ältesten Demokratien der Welt. Wenn solche Probleme nicht schonungslos aufgeklärt und behoben werden, könnte die Demokratie in der Tat gefährlichen Schaden erleiden.Nur zur Klarstellung: Sie meinen aber nicht damit, dass man die Menschen bei der Stimmabgabe filmt, das würde ja der geheimen Wahl widersprechen.Rainer Rothfuß:Nein, natürlich nur bei der Auszählung, nicht bei der Stimmabgabe.Sehen Sie in den zahlreichen Wahlbetrugs-Verdächtigungen eine Gefahr für die Demokratie?Rainer Rothfuß:Auf jeden Verdacht sollte in einer freiheitlichen Demokratie mit maximaler Transparenz reagiert werden. Alles andere würde ein möglicherweise angeschlagenes Politik- und Systemvertrauen nur untergründig weiter schwelen lassen, was den Zusammenhalt in der Gesellschaft noch schwerer belasten würde.Sollte die AfD nicht bei den wirklich zahlreichen Betrugs-Vorwürfen ihrer Anhänger dazu einmal öffentlich Stellung beziehen?Rainer Rothfuß:Ich denke die AfD tut gut daran, aufmerksam zu beobachten, welche Probleme es realistisch geben könnte, aber auch keine vorschnellen Urteile zu treffen. Schließlich ist eine Partei nicht in der Lage, die internen Abläufe exakt zu überprüfen. Dass es bereits in der Vergangenheit auch eklatante Fehler bei Wahlen in reifen Demokratien geben konnte, zeigt auch die wegen grober Unstimmigkeiten wiederholte Präsidentenwahl in Österreich 2016. Das Problem sollte demnach immer kritisch im Auge behalten werden.Das heißt: Die AfD soll die massiven Wahlfälschungsvorwürfe gegenüber ihren Anhängerinnen und Anhängern NICHT kommentieren?Rainer Rothfuß:Ich halte es nicht für unsere Aufgabe, unsere Mitglieder und Anhänger zu bevormunden. Bei den vielen gravierenden Unstimmigkeiten bei den Wahlen in Berlin sind Zweifel durchaus angebracht und verständlich. Hier muss man seitens der Regierung reagieren und durch Transparenz oder nötigenfalls auch Wahlwiederholung eventuelle Unregelmäßigkeiten ausräumen.Sie haben den Einzug in den Bundestag knapp verfehlt. Wie geht es jetzt für Sie weiter? Wie sehen Sie ihre politische Zukunft?Rainer Rothfuß:Meine politische Arbeit hängt Gott sei Dank nicht von einem Bundestagsmandat ab. Über Vorträge, Schulungen und YouTube habe ich seit Jahren ein deutschlandweites Wirkungsfeld. Ich werde mich auch weiterhin im Stadtrat und Kreistag von Lindau engagieren. Als erster Nachrücker der bayerischen Landesliste muss ich damit rechnen evtl. in dieser Legislaturperiode noch ein Mandat in Berlin übernehmen zu müssen.Es gab in letzter Zeit im Zuge der Aufspaltung des Kreisverbandes Oberallgäu-Kempten-Lindau in zwei Kreisverbände Querelen in der Oberallgäuer AfD zwischen Peter Felser und Ihnen (bzw. Ihren Gefolgsleuten, z.B. Axel Keib). Keib-Zitat auf mehreren Portalen: "Für Felser und sein Gefolge mach ich sicher keinen Finger krumm." Wie ist momentan die Stimmung in der Oberallgäuer AfD?Rainer Rothfuß:Axel Keib hat sich mit Herzblut für die Einheit der AfD im Gebiet des Wahlkreises Oberallgäu eingesetzt. Er ist als jemand, der durch verschiedene linksextremistische Anschläge auf sein Lokal große Opfer erbringen musste, verständlicherweise enttäuscht. Ich sehe die Zeit gekommen, dass sich die AfD ähnlich dezentral aufstellen kann wie die CSU, die sogar mit drei eigenständigen Einheiten im Wahlkreisgebiet vertreten ist. Aber auch unser ehemaliger Landtagskandidat Axel Keib blickt mittlerweile nach vorne und plant sogar die Gründung eines eigenen Ortsverbands für Oberstaufen. Darüber bin ich sehr froh, da er ein sehr engagierter und freundlicher Mensch ist, der für unsere Region sehr wertvoll ist.Das war jetzt die Stimmung von Axel Keib. Ich meinte insgesamt die Stimmung, die ja zeitweise nicht den Eindruck gemacht hat, als würde die AfD im Allgäu gemeinsam an einem Strang ziehen.Rainer Rothfuß:Wir sind jetzt einfach wieder voll fokussiert auf die Sacharbeit, wir bereiten uns in beiden Kreisverbänden zusammen auf Landesvorstandswahl und Bezirksvorstandswahl vor. Augen zu uns vorwärts.Glauben Sie, dass die im Wahlkampf bekanntgewordenen internen Querelen Einfluss auf Ihr Wahlergebnis hatten?Rainer Rothfuß:Ich würde das nicht überbewerten, zumal mein Ergebnis im Wahlkreis Oberallgäu im Verhältnis zum schwäbischen und bayerischen Trend deutlich besser ausgefallen ist. Allerdings bin ich überzeugt, dass die AfD insgesamt sich mehr bemühen sollte, zusammenzuhalten. Meinen Wahlkampf im Oberallgäu haben aber über die Kreisverbandsgrenzen hinweg mindestens 50 Aktive sehr stark und sehr einig unterstützt. Ich denke, das war auch nach außen zu sehen. Bei vielen Veranstaltungen trat ich auch gemeinsam mit Peter Felser auf.Sowohl in Ihrer Ansprache am Wahlabend als auch in der Wahlanalyse und sonstigen Posts fehlt zumindest mal die kollegiale Gratulation an Ihren Parteikollegen Peter Felser. Daraus könnte man lesen, dass der kollegiale Zusammenhalt, der hie und da bei gemeinsamen Wahlkampfauftritten demonstriert worden war, alleine auch dem Wahlkampf geschuldet war und dass sich die beiden getrennten Kreisverbände jetzt offenbar diesem Zusammenhalt nicht mehr verpflichtet fühlen. Wie würden Sie die Realität beschreiben?Rainer Rothfuß:Ich habe Peter Felser auf direktem Wege zur Wahl gratuliert. Ich werde weiterhin genauso konstruktiv und kollegial mit ihm umgehen wie bisher auch. Dass wir in der AfD nicht wie in der CSU, der ich bis 2017 ganze 13 Jahre angehörte, Erbhöfe bzw. Seilschaften pflegen, ist aber etwas, auf das wir auch stolz sein dürfen. Bei uns muss sich jeder Mandatsträger ständig anstrengen und seinen Mitgliedern beweisen, dass er ihre Sache mit 150 Prozent Engagement vertritt und die Wünsche der Basis nicht ignoriert. Sonst werden bei uns selbst Parteichefs völlig demokratisch wieder abgewählt, was in der CDU oder CSU oft über viele Jahre hinweg unmöglich scheint.Wird es in absehbarer Zeit weitere Änderungen an der Struktur der Kreisverbände geben?Rainer Rothfuß:Ich gehe von einer strukturellen Reifung innerhalb der Kreisverbände aus und von einer weiteren Dezentralisierung im Sinne der vermehrten Gründung von Ortsverbänden. Unser Ziel ist, viel näher an den Menschen dran zu sein, viel mehr Mitglieder zu aktivieren, die erkennen, dass es an uns Bürgern liegt, unser Land vor absehbaren negativen Entwicklungen zu bewahren.Birgt die Dezentralisierung nicht auch die Gefahr der Aufsplittung? Schließlich können sich dann ja auch wieder leichter unterschiedliche Strömungen etablieren, die dann eher gegeneinander wirken als für Zusammenhalt zu sorgen?Rainer Rothfuß:Das war bisher nicht unsere Erfahrung. Es entstehen dagegen mehr Aktivitäten vor Ort. Die Mitglieder sehen sich in der Verantwortung, etwas zu bewegen, Veranstaltungen zum Beispiel und Versammlungen zu organisieren. Unsere Erfahrung ist, dass es die Leute motiviert, wenn sie auch auf der Ortsebene Ergebnisse sehen.

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