Mit Anzug und Hut, zwei Büchern und einer Gitarre betritt Marc-Uwe Kling, ein junger Kabarettist aus Berlin, die Bühne der Immenstädter Hofmühle. Dort befinden sich einerseits ein Tisch mit einem Stuhl und andererseits ein Barhocker. Zwischen diesen beiden Seiten, zwischen Tisch und Hocker, zwischen Buch und Gitarre sollte sich dieser Auftritt beim Kleinkunstvereins "Klick" ereignen.
Nachdem Kling alles positioniert hat, stellt er sich in der Mitte auf und rezitiert eines seiner Gedichte: Es hält sich in der Form an Friedrich Schillers "Bürgschaft" und beginnt auch in ähnlicher Weise. Doch ist hier nicht Damon der Held, sondern Herakles, der griechische Halbgott, der gegen die neunköpfige Hydra ankämpfen muss, deren Köpfe ihn hier nicht durch Gift, sondern durch unzählige in den Wahnsinn treibende Fragen, im Stile der Call-Center-Telefonistinnen, bedrohen.
Bereits hier erkennt man die Besonderheit, die Stärke dieser Kunst: Kling, der an der Freien Universität Berlin Philosophie und Theaterwissenschaften studiert hat, gelingt es ein poetisch-geistreiches Kabarett zu kreieren, eine gelungene Synthese aus politischem und literarischem.
Dabei wirkt sein Humor aber keineswegs vergeistigt oder gar unverständlich, denn seine Themen sind meist die kleinen alltäglichen, jedem bekannten Situationen, die er entweder bis ins Groteske übertreibt oder pointiert wiedergibt. So beschreibt er zum Beispiel Ärgernisse mit der modernen Technik und stellt sich, in Anbetracht seines stets nicht funktionierenden Druckers, die Frage, warum der Geldautomat dann immer den exakten Betrag auszahle. "Nichts funktioniert", sagt er und weitet dies auf gesellschaftliche und politische Systeme, bis hin zum menschlichen Körper aus. Auch entwirft er paradoxe, unerwartete Situationen, wie einen Selbstmordattentäter im Flugzeug mit Aerophobie. Diese Themen fasst er entweder in Gedichte oder in, durchaus musikalisch hochwertige, Lieder.
Schließlich wäre noch das Känguru zu erwähnen. Jenes sprechende australische Beuteltier, das die Hauptperson in Klings Buch "Die Känguru-Chroniken" darstellt, aus welchem er immer wieder vorliest. Darin beschreibt der Erzähler beispielsweise eine Flugreise mit dem Tier, bei der dieses aufgefordert wird seinen Beutel auszuleeren und dann durch das Kontrollgerät zu befördern. Oder aber, wie es sich eine 0900-Nummer zulegt, um selbst von ärgerlichen Umfrage- oder Werbeanrufen zu profitieren.
Es ist ein unerwarteter Abend gewesen, eine neuartige, eine großartige Form des Kabaretts, der die vielen Zuschauer auch durch herzhaftes und nachdenkliches Lachen und lange anhaltenden Applaus ihre Anerkennung zusprachen.