Von Benjamin Schäling Gennachhausen - Als das heiße Eisen auf den Huf gedrückt wird, verbrennt das Horn am Fuß des Pferdes und es qualmt gewaltig. Winfried Nieberle behält im 'Beschlagraum' des Reitstalls in Gennachhausen als Einziger den Durchblick und beschlägt das Pferd gekonnt mit einigen kurzen Hammerhieben. Ein beißender Geruch macht sich breit und es ist, als wären jemandem die Haare in Flammen aufgegangen. Den 45-jährigen Hufschmied stört der Geruch jedoch schon lange nicht mehr. 'Da gewöhnt man sich dran', sagt er lachend. Den Eindruck, da ist einer, der seine Erfüllung gefunden hat, bestätigt er: 'Das ist zu 100 Prozent das, was ich immer machen wollte.'Der Weg dahin war für ihn jedoch steinig. Er war Kfz-Mechaniker, machte ein Lehre zum Landwirt, war 13 Jahre Lastwagenfahrer und ging für kurze Zeit zum Arbeiten nach Schweden. Obwohl er in Gennachhausen in unmittelbarer Nähe des Reiterhofs aufgewachsen ist, zog es ihn zuerst in die Fremde. Erst 1996 folgte er seiner Berufung und begann die Lehre zum Hufschmied. Sein Glück fand er spät, aber er fand es. Die knapp dreijährige Ausbildung absolvierte er in einer Hufbeschlagschmiede und auf dem Bayerischen Haupt- und Landgestüt Schwaiganger, wo er ein halbes Jahr Praktikum machte und die theoretische Prüfung bestand. Danach machte er sich selbstständig. Bevor Nieberle mit dem Beschlagen des Pferdes beginnen kann, muss er zunächst ein wenig Pediküre betreiben. Er hobelt, feilt und zwickt mit einer Zange das überflüssige Horn vom Huf des Tieres. Während der Prozedur pfeift er ohne Unterlass vor sich hin: 'Das beruhigt mich und das Pferd', erklärt er schmunzelnd und fügt an, dass es 'ganz wichtig ist, ein tierlieber Mensch zu sein, sonst kann es gefährlich werden'. Das riesige Geschöpf bleibt ruhig. Falls ein Pferd jedoch nervös werde, gebe es Tricks, die allerdings Berufsgeheimnis sind. Die letzte Möglichkeit, ein Tier ruhig zu stellen, sei der Tierarzt. Ob er schon mal was abbekommen hat? 'Natürlich. Zwei Zähne habe ich schon eingebüßt und auch sonst hier und da mal einen kräftigen Tritt eingesteckt', erzählt Nieberle. Den Pferden nimmt er das jedoch nicht übel. Und so steht er voller Gelassenheit neben dem Tier, pfeift und werkelt vor sich hin.
Einlagen für das Pferd Die Arbeit mit den Pferden ist seiner Ansicht nach in den vergangenen Jahrzehnten einfacher geworden. Dies liegt vor allem daran, dass es heutzutage fast nur noch Freizeitpferde gibt, um 'die sich die Leute einfach mehr kümmern, daher sind die Tiere umgänglicher', erklärt der Hufschmied. Die Problematik hat sich nun jedoch auf ein anderes Feld verlagert: 'Ein Reiter ist für ein Pferd immer belastender, als wenn das Tier ziehen muss', weiß Nieberle. Die vielen unterschiedlichen Gangarten, die heutzutage von den Pferden gefordert werden, seien das Hauptproblem. Daher werden orthopädische Hilfen, wie beispielsweise Einlagen unter den Hufen, immer wichtiger. Dieses und weiteres Fachwissen über Anatomie und Krankheiten der Pferde lernte Winfried Nieberle zwar schon in der Ausbildung, er bildet sich jedoch trotzdem immer weiter. 'Ich besuche jedes Jahr zwei bis drei Fachveranstaltungen und versuche, immer viel über die Thematik zu lesen', berichtet er. Vermutlich ist es seine Kompetenz, die ihn so unbeschwert in die Zukunft gehen lässt: 'Die Auftragslage ist gut', sagt er und hämmert, feilt und hobelt in aller Ruhe weiter.