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Hamburger kostet den Freigänger-Job

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Hamburger kostet den Freigänger-Job

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    Kempten (pa). - Eigentlich ist es das Normalste der Welt. Weil einen auf dem Heimweg von der Arbeit just in dem Moment, da man bei Mc Donald's vorbei kommt, der Hunger packt, kehrt man ein und gönnt sich einen Hamburger. Doch in der Situation von Franz S. ist das Normale keineswegs normal. Er ist nämlich Strafgefangener in der Kemptener Justizvollzugsanstalt. Und weil er einmal der Versuchung Mc Donald's nicht widerstehen konnte, verlor er seinen Freigänger-Job im Schlachthof. 'Und das soll Resozialisierung sein?', versteht er nun die Welt nicht mehr. Seit 13 Monaten sei er in Haft, schildert Franz S. in einem Brief an die AZ, im April stehe die Entlassung an. Er sei Metzger und habe seit August als Freigänger bei Allgäu Fleisch in der Bleicherstraße gearbeitet. 'Dort war man,' so S., 'mit mir auch sehr zufrieden und wollte mich nach meiner Entlassung übernehmen.' Bis sich wegen seines Abstechers ins Fast-Food-Restaurant seine Hoffnung auf einen nahtlosen Übergang in die Freiheit abrupt zerschlagen habe. Das kam laut Franz S. so. An Silvester hatte er um 5 Uhr mit der Arbeit begonnen, um 12 Uhr war Feierabend. In der Betriebskantine essen konnte er nicht, weil die wegen Silvester früher geschlossen hatte. Deshalb, was er zuvor nie getan habe, sei er auf dem Weg in die JVA zu Mc Donald's an der Stephanstraße gegangen, um etwas zu zu sich zu nehmen. Nicht nur, weil er Hunger gehabt habe, sondern Diabetiker sei, 'schon Unterzucker hatte und etwas essen musste.' Dabei wurde S. von Vollzugsbeamten beobachtet, die Strafe folgte auf dem Fuß. Er durfte nicht mehr außerhalb arbeiten, musste vom Freigängerhaus in den geschlossenen Vollzug zurück. Als ob es eine Straftat wäre, wenn man Hunger hat und etwas isst. Nicht zu reden davon, dass seine Zukunftsaussichten kaputt seien: 'Man tut sich ja nicht so leicht, nach 16 Monaten Haft eine Arbeit zu finden.'

    Ein klarer Verstoß Eine Straftat habe S. nicht begangen, stellt Uwe Siller, stellvertretender Leiter der JVA, fest. Aber einen klaren Verstoß gegen die Freigangsregelung. Darin sei eindeutig festgelegt, wie Strafgefangene sich zu verhalten haben, die außerhalb der Anstalt arbeiten. Oberste Regel: Auf dem Weg zum Arbeitsplatz und zurück sind keinerlei Schlenker und Verzögerungen erlaubt. Kein Kneipenbesuch, kein Einkauf, kein Bummel mit der Freundin. 'Das weiß jeder Freigänger,' so Siller, man schaue strikt darauf, dass es auch eingehalten werde. Schon um die Kontrolle nicht zu verlieren. Im übrigen sei 'Freigang das Höchste an Lockerungen', was ein Häftling bekomme. Zumal in diesen Zeiten, da Arbeit bei der JVA so knapp sei wie überall. Nur etwa 40 Prozent der Inhaftierten könne man eine Beschäftigung bieten. Von denen wiederum, so Siller, 'sind die meisten nur für eine Arbeit innerhalb der Anstalt geeignet.' Und was wird aus Franz S.? Eine konkrete Zusage, ihn nach der Entlassung zu übernehmen, habe es zwar nicht gegeben, heißt es bei Allgäu Fleisch. Aber er sei zweifellos ein tüchtiger Metzger. Und wenn sich's so ergebe, dass man ihn zu dem Zeitpunkt gebrauchen könne, ließe sich ja nochmal darüber reden.

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