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Hallo, ich bin der Daniel

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Hallo, ich bin der Daniel

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    Von unserem Redaktionsmitglied Freddy Schissler, Berlin/Kempten - Da klingelte also wieder mal zu Hause bei den Rügamers in Lübeck das Telefon. Der Herr des Hauses nahm ab, begrüßte die Frau einer ihm nicht bekannten Vermittlungsagentur und war am Ende des Gesprächs um die Erkenntnis reicher: Er solle sich doch in den nächsten Tagen auf den Weg machen nach Berlin - Vorsingen an der Staatsoper. Tenor Stephan Rügamer grübelte nicht lange, wie und weshalb die Dame ausgerechnet auf ihn gekommen sei, sondern setzte sich ins Auto und fuhr nach Berlin. Dort platzte er in die Proben rein, schüttelte erst dem Dirigenten Barenboim ('Hallo, ich bin der Daniel'), dann dem Kollegen Araiza ('Hallo, ich bin der Franzisco') die Hand - und musste loslegen. Minuten später lobte Staatsoper-Chef Daniel Barenboim: 'Der ist gut, der Junge.' Seither ist Rügamer, ein Kemptener, festes Mitglied an der Oper Unter den Linden. So schnell kann's gehen. 'Planbar', sagt Rügamer, 'ist in diesem Metier nichts.' Irgendwann passiert es - oder eben nicht. Weshalb die Agentur zu diesem Zeitpunkt gerade ihn, das damals feste Ensemblemitglied des Theaters Lübeck anrief, weiß der Sänger bis heute nicht. Ist ihm letztlich auch egal. Was in Rügamers Augen zählt: 'Dass man die Chance, die plötzlich vor einem auftaucht, nutzt.' Also Berlin und Barenboim. Keine schlechten Adressen in der Welt der Musik und des Theaters. In Kempten hatte alles angefangen. Der Vater spielte dort, in der Kirche Christi Himmelfahrt, die Orgel.

    Der Vater leitete dort einen Chor, den Sängerbund Kempten. Und natürlich flüsterte der Vater seinem Sohn schon früh den guten Rat ins Ohr, ein Instrument zu lernen. Stephan Rügamer nickte artig und beherrscht inzwischen derer drei: Violoncello, Trompete und Klavier. Er studierte Schulmusik und später Gesang bei James Wagner und Günter Binge. Vor allem der vor einem Jahr gestorbene James Wagner wurde zu einer zentralen Figur in Rügamers Leben als Musiker. Der farbige Sänger leitete mehrere Jahre lang Meisterkurse beim Oberstdorfer Musiksommer. Rügamer weiß nicht mehr so genau, war es 1994 oder 1995, als er sich in Oberstdorf bei einem von Wagner geleiteten Seminar anmeldete. Was dem Kemptener allerdings ewig in Erinnerung bleiben wird: 'Plötzlich wusste ich, dass ich Sänger werden will.' Dass er bei diesem Kurs von James Wagner in Oberstdorf auch seine jetzige Frau kennen lernen sollte, mit der er zusammen eine kleine Tochter hat - nennen wir es Schicksal und Fügung. Stephan Rügamer kehrte dieser Tage zurück in jene Gegend, in der er seine Kindheit verbrachte und den ersten Cello-Unterricht genoss: Bei den Bregenzer Festspielen spielte er in der Johann-Strauss-Operette 'Der lustige Krieg' die Hauptrolle - den Oberst Umberto Spinola. Sein erstes Festspiel-Engagement in der Hauptstadt Vorarlbergs. 'Es wurde dort sehr gewissenhaft gearbeitet', sagt Rügamer, 'vor allem von Dietfried Bernet konnte man viel lernen.' Der zeichnete für die musikalische Leitung dieser selten gespielten und handlungs-verworrenen Operette verantwortlich. Oft, erzählt Rügamer, würde die Operette von Sängern, Musikern oder Regisseuren auf die leichte Schulter genommen. Motto: Alles nicht sooo wichtig. Eine Fehleinschätzung, wie er glaubt. Auch dieses Genre müsse man ernst nehmen. Was der frühere Kemptener tat - und als Spinola auf der Bregenzer Bühne im Kornmarkttheater zu überzeugen wusste.

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