'Altenpflege braucht mehr Gefühl, mehr Zeit', ist sich Wolfgang Kleiner (Immenstadt) sicher. Wie es um die Zukunft der Pflege bestellt ist, wollten er und Ehefrau Elisabeth beim 2. Allgäuer Sozialforum in der Kemptener Kultbox in Erfahrung bringen. Mit ihnen waren es mehr als 600 Besucher aus ganz Schwaben, die sich für die Referate zum Thema 'Zukunftschancen für Gesundheit, Vorsorge und Pflege' interessierten. Hinzu hatten im Foyer 33 Infostände unterschiedlichste Tipps parat. 'Bürger und Politiker gleichermaßen zu informieren und sensibilisieren', war laut Herbert Lochbrunner, Bezirksgeschäftsführer vom Sozialverband VdK-Bezirk Schwaben, die Intention für die Neuauflage dieser Sozialmesse.
'Wir haben es in der Hand'
Ein wichtiger Tenor während der ganztägigen Veranstaltung: 'Wir haben es in der Hand', betonte Pflegeexperte Claus Fussek. Damit appellierte er an die Eigenverantwortung jedes Einzelnen innerhalb der Familie, der Kommune, des Bezirks. Mit zustimmendem Nicken folgten die Besucher Fusseks Worten: 'Wir brauchen einen Rettungsschirm für die Pflege.' Denn bei diesem Thema denke man in erster Linie an körperliche Betreuung, erst langsam werden Menschen mit Demenz als pflegebedürftig eingestuft.
In der Pflegestufe 0 gibt es seit kurzem 120 Euro Pflegegeld pro Monat. 'Ein Hohn', so Jürgen Stippler, VdK-Jugendvertreter aus Nördlingen: 'Damit kann man einen Angehörigen, der ein dementes Familienmitglied pflegt, nicht entlasten.' Pflegekritiker Fussek hielt folglich nichts von neuerlichen Kommissionen zur Definition der Pflegebedürftigkeit. Erika Winkler, ehemalige Stadt- und Bezirkstagsrätin stimmte ihm zu: 'Wir warten endlich auf Taten.'
Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland und Vorsitzende des VdK-Landesverbands Bayern, sprach offen ihre Befürchtung aus: 'Wichtiger als der Umgang mit Demenz ist wohl der nächste Termin der Bundestagswahl.' Das sei bitter für die 1,3 Millionen Demenzkranken und ihre Angehörigen.
Sie forderte ein Familiengeld für pflegende Angehörige. Die Diskrepanz: 'Kindererziehung bringt eine Anwartschaft von 27 Euro, die Pflege eines Familienmitglieds etwa sieben Euro.'
'Wir brauchen Sie', wusste Staatsminister Thomas Kreuzer, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, die Leistung der ehrenamtlich Engagierten zu schätzen. Den VdK nannte er einen Partner im Dialog um soziale Gerechtigkeit. Markus Sackmann, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, blickte mit Sorge auf den Fachkräftemangel in der Pflege. 'Wir brauchen den Zusammenhalt der Generationen.' Pflegende Angehörige müssten unterstützt werden.
Veranstalter des Allgäuer Sozialforums waren die drei VdK-Kreisverbände Oberallgäu, Unterallgäu, Ostallgäu mit ihren insgesamt 22 000 Mitgliedern sowie der Schwäbische Geriatrieverband.
Das nächste Sozialforum findet am 13. April 2013 in Memmingen statt.