Die ersten planerische Gedanken fanden in der 'Bürgerwerkstatt' der 'perspektive memmingen', dem Stadtentwicklungsprozess der Stadt Memmingen, im Februar 2003 statt. Nun ist sie fertig, die neue kulturelle und geschäftliche Mitte der Stadt Memmingen. Mit dem 38 Millionen-Euro-Projekt wird einerseits die Theaterlandschaft nachhaltig geprägt sowie die Einkaufsattraktivität in der südlichen Altstadt Memmingens gesteigert.
Zehntausende kamen am Eröffnungswochenende und bestaunten den neu gestalteten Stadtraum.
Quasi bis zu letzten Minute liefen die Bauarbeiten. Über 1 000 Facharbeiter, Architekten und Ingenieure waren seit dem Spatenstich vor zwei Jahren an dem Großprojekt der Stadt Memmingen und der örtlichen Siebendächer Baugenossenschaft beteiligt. Das ehrgeizige Ziel, am 10.10.10 fertig zu sein, wurde erreicht.
'Hier ist gut sein hier lasset uns Hütten bauen'. Diese Worte, konzipiert in eine 18 Meter breite Lichtinstallation, standen im Mittelpunkt des Auftaktes der Feierlichkeiten im Theaterfoyer. Der Memminger Kulturpreisträger und Münchner Kunstakademie-Präsident, Prof. Dieter Rehm, interpretierte einen Text aus dem genau dahinterliegenden Kreuzgangs der ehemaligen Klosteranlage und schuf so eine Brücke zwischen Alt und Neu.
Beim Festakt im Theater wurde mit Lob und Dank nicht gespart – und das zu Recht. 'In einer Bauzeit von nur zwei Jahren wurde hier eine neue kulturelle Mitte geschaffen. Heute ist ein historisches Ereignis für die Stadt', begrüßte Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger die Ehrengäste.
Der Memminger Rathauschef sprach von dem bedeutendsten Stadtsanierungsprojekt seit Ende des Krieges - neben der seinerzeitigen Auslagerung der Memminger Brauerei in den Norden der Stadt und dem Bau der Stadthalle - und dankte dem ebenfalls anwesenden Geschäftsführer der Allgäuer Zeitung, Markus Brehm. Durch den Verkauf des Verlagsgebäudes und den Umzug der Memminger Zeitung an die Donaustraße war dieses Projekt erst möglich geworden. Er könne es nur allen Bürgerinnen und Bürger aus Stadt und Umland 'ans Herz legen', sich die neue kulturelle und wirtschaftliche Mitte Memmingens anzusehen.
'Gedanken brauchen Raum, um Fuß zu fassen. Einen Freiraum. Einen Theaterraum', so Intendant Walter Weyers bei der Begrüßung der Gäste. In Memmingen habe das Theater sei je her große Tradition. 'Jetzt reiben wir uns die Augen und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus', brachte es der Theaterchef auf den Punkt. Bis ins Kleinste sei alles durchdacht und zweckmäßig. Von einem 'großen Wurf' war die Rede und einem 'wärmenden Klima'. Die besten Voraussetzungen für Künstler, Technik und Theaterverwaltung. 'In Memmingen gehört das Theater zum Leben – jetzt mehr denn je', dankte Weyers.
Für die Bayerische Staatsregierung überbrachte Finanzstaatssekretär Franz Josef Pschierer die Grüße: 'Hier haben sich tüchtige Kräfte vereinigt. Stadt und Siebendächer Baugenossenschaft haben etwas vorbildliches verwirklicht.' Pschierer machte bei seiner Laudatio deutlich, dass das Landestheater Schwaben nicht nur ein 'tolles Ensemble' habe, sondern auch ein Theater sei, dass betriebswirtschaftlich arbeite.
'Gut fünf Millionen Euro an Zuschüssen wurden aus dem Innenstadtprogramm der Bund-Länder-Städtebauförderung in Bayern 'leben findet innen stadt' für dieses Projekt ausgeschüttet', betonte der Finanzstaatssekretär und wünschte den Menschen mit der neuen kulturellen Mitte ein gute Zukunft.
Lutz Freitag, der Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, gestand, dass er in kurzer Zeit ein Liebhaber der Stadt Memmingen wurde: ' Sie haben eine herrliche Altstadt und hier ein einmaliges Ensemble geschaffen', so Freitag. Dies zeuge von einer klugen Kommunalpolitik, die auf lange Sicht hin denke, denn der Lebenszyklus einer Immobilie sei weit höher anzusetzen als der einer Regierung oder eines Menschen.
Den ersten Preis des im Mai 2007 ausgelobten Architektenwettbewerbs gewannen die Kölner Architekten trint + kreuder d.n.a. und die Landschaftsarchitekten Club L94. Kay Trint und Hanno Kreuder hatten vier symbolische Schlüssel mitgebracht – für jedes Projekt des neuen Stadtraumes. 'Die Sensation der Tiefgarage ist, dass etwas fehlt', so Kay Trinkt und spielte auf sämtliche Versorgungsleitungen an, die nicht zu sehen sind. Hanno Kreuder sprach beim Erweiterungsbau 'vom Rückrat des Theaters'. Als ein 'Wechselspiel aus öffentlichen und geschlossenen Flächen' bezeichneten die Architekten die Geschäftshäuser der 'Neuen Schranne'.
Markus Brehm überreichte als Geschäftsführer von allgäu mail eine Briefmarke mit der 'Neuen Schranne' an Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger und den Vorstand der Siebendächer Baugenossenschaft, Josef Martin Lang. 'Damit wird ihr Geschäftshaus über die Stadtgrenzen hinweg in ganz Deutschland bekannt', betonte Brehm.
Zuerst sei er skeptisch gewesen, als der Zuschlag des Architektenwettbewerbs an ein Büro noch Köln ging, gab Siebendächer-Vorstand Lang zu. Schließlich hätten die Kölner 632 Jahre gebraucht, bis ihr Dom fertig war.
'Heute weiß ich, dass hier wertvolle Gedanken von hochwertigen Architekten umgesetzt wurden', lobte Lang die planerische Leistung. 'Mit dem Projekt wurde ein weiterer großer Meilenstein gesetzt', machte Lang deutlich und sah die Fertigstellung als Startschuss für einen weiteren Stadtentwicklungsprozess über die Altstadt hinaus.
Zuvor hatte Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger den Schrannenplatz eröffnet und für den Verkehr freigegeben. Neben dem neuen Fischerbrunnen ist die 'Stadtbachspur', ein lichtilluminiertes Wasserspiel, das Zentrum des neuen Platzes. Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger bei der Eröffnung: 'Mein besonderer Dank gilt den Nachbarn und Anwohnern des Platzes. Sie haben zwei Jahre lang mit Beeinträchtigungen leben müssen'.
Jürgen Maas, Geschäftsführer der beauftragten Firma SKS, zeigte auf, dass insgesamt 2 000 Tonnen hochwertiger Granitstein auf dem Platz verbaut wurden. Maas dankte für die Gute Zusammenarbeit mit der Stadt Memmingen und den beteiligten Firmen, wünschte den Betrieben gute Geschäfte und der Bürgerschaft 'viel Spaß mit dem neuen Platz'. Dekan Siegbert G. Schindele und Dekan Kurt Kräß segneten den Platz und das gesamte Areal.
Lichtilluminationen rückten in der Nacht auf den 10.10.10 den neu gestalteten Stadtraum in eine interessante Perspektive. Akrobatinnen der berühmten Traber-Familie präsentieren in 52 Meter Höhe eine Artistik-Show.
Mit einem Jazzfrühschoppen am 10.10.10 um 10 Uhr 10 begann der Tag der offenen Tür und Tausende von Bürgerinnen und Bürger aus Stadt und Land kamen am verkaufsoffenen Jahrmarktssonntag in die südliche Altstadt um einen Blick hinter die Kulissen des neuen Theaters und der Geschäftshäuser zu werfen.
Zahlen, Daten, Fakten: Bauherren sind die Stadt und die Siebendächer Baugenossenschaft Gesamtkosten – 38 Millionen Euro
Siebendächer Baugenossenschaft Geschäftshäuser 'Neue Schranne' mit öffentlicher Tiefgarage – 22 Millionen Euro
Geschäftshäuser (Neue Schranne): -ca. 5.500 m² Geschoßfläche -altstadttypisches, gemischtes Nutzungskonzept (Einzelhandel, Dienstleistung, Wohnen) -herausgehobene städtebauliche Lage und Lagequalität +Direkte Anbindung an Hauptgeschäftsplatz (Schrannenplatz) +Direkte Anbindung an begrünten Elsbethenhof und Theaterhof +Direkte Anbindung an die Fußgängerzone (1A-Lage) -ca. 2 500m² Einzelhandelsflächen (EG, 1.OG; Hauptmieter C&A) -ca. 1 500m² Büros, Praxen (1.OG, 2.OG, 3.OG) -ca. 500m² Wohnen 'in den Dächern' -Dachgartengastronomie
Tiefgarage: -eingeschoßige Tiefgarage (hoher Grundwasserstand) unter den Geschäftshäusern, Höfen und dem Theater -107 öffentlich nutzbare Stellplätze, 20 privat genutzte Stellplätze -hohe Raumhöhe (ca. 2,40m) -natürlich be- und entlüftet -hell, übersichtlich, freundlich -keine sichtbar geführten Installationsleitungen -barrierefrei, behindertengerecht -direkte Zugänge ins Theater, die Geschäftshäuser und die öffentlichen Plätze und Höfe
Stadt Memmingen Erweiterungsbau des Theaters – 12 Millionen Neugestaltung des Schrannenplatzes – vier Millionen Euro
Theaterprojekt: -neue Studiobühne im 2.OG mit Foyer und visuellem Bezug zum Elsbethenhof -neue Gastronomie mit Außenbewirtung im Elsbethenhof -neue Proberäume -neue Werkstätten (Gläserne Werkstätten mit visuellem Bezug zum Theaterhof und zur Bühnenschleuse / Foyer) -Neue Räume für die Verwaltung und Personal 'über den Dächern' -Gemeinschaftswohnungen für Gäste des Landestheaters -neue Lagerräume für Schneiderei, Möbel und Kulissen -Sanierung Technik Altbau -Theaterhof für Freilichtveranstaltungen
Höfe, Straßen und Plätze: -das neu komponierte Elsbethenareal schafft eine netzartige Verknüpfung von Höfen, Straßen und Plätzen -Neugestaltung der umgebenden öffentlichen Flächen +Schrannenplatz (Erweiterte Fußgängerzone, stadtraumbildende Begrünung, barrierefreier Plattenbelag, Platzgastronomie, moderne Brunnenanlage 'Stadtbachspur' +Lindentorstraße und Gerberplatz, neue Straßenraumgestaltung, verkehrsberuhigt, barrierefrei +Elsbethenhof ('Entschleunigung' ruhiger, gastronomisch bedienter Innenhof und fünf großen Platanen (ca. 150 Jahre alt), besondere Nachtstimmung +Theaterhof (dem Theater zugeordneter Hof für Freilichtveranstaltungen vor 'gläsernen Werkstätten' -differenziertes Beleuchtungskonzept 'Stadtraumillumination' -Gassen, Passagen, Passarellen
Kreuzgang: -nördlicher Restflügel eines 4-flügeligen Kreuzganges des ehemaligen 'Elsbethenklosters' -umfassende archäologische und bauforschende Untersuchung und Dokumentation -behutsame Sanierung des Gebäude-Kleinodes im Elsbethenhof -Sicherung und Restaurierung der besonders wertvollen Fresken von Hans Strigel d. J. 1472