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Groß-Razzia in Kempten und Hamburg: Plante ein Syrer einen Sprengstoff-Anschlag mit seinem Bruder?

Großrazzia in Kempten

"Möglichst viele Ungläubige in den Tod reißen": Syrer in Kempten und Hamburg festgenommen

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    Ein SEK-Beamter im Zuge einer Razzia in Berlin.
    Ein SEK-Beamter im Zuge einer Razzia in Berlin. Foto: Christoph Soeder, dpa (Symbolbild)

    Es ist Dienstag, 7.15 Uhr, als eine Kemptenerin eine Sprachnachricht von einer Nachbarin bekommt. Die Polizei sei in der Straße unterwegs, schreibt die. „Ich weiß nicht, was los ist.“ Die 56-Jährige schaut aus ihrem Dachfenster: „Erst sah ich zwei Polizeiautos, doch es waren mindestens sechs.“ Um 8.45 Uhr sei die Polizei wieder abgezogen, schildert die Frau. Die Straße befindet sich ganz in der Nähe der Kemptener Innenstadt.

    Der Grund für den Großeinsatz wird erst am frühen Nachmittag klar. Da berichten Polizei Kempten und Generalstaatsanwaltschaft Hamburg: Ein 24-jähriger Syrer ist in der Kemptener Innenstadt festgenommen worden wegen des Verdachts auf Planung eines Sprengstoffanschlags und der Beihilfe dazu. Bei dem Großeinsatz mit insgesamt 250 Einsatzkräften hat die Polizei am Dienstagmorgen mehrere Objekte in Kempten und Hamburg durchsucht und dabei den jungen Mann in Kempten festgenommen und seinen Bruder in Hamburg verhaftet.

    Holzsplitter sind an der aufgebrochenen Wohnungstür nach einem Polizeieinsatz im Stadteil St. Georg zu sehen.
    Holzsplitter sind an der aufgebrochenen Wohnungstür nach einem Polizeieinsatz im Stadteil St. Georg zu sehen. Foto: Marcus Brandt, dpa

    Die beiden Brüder sollen laut Polizei aus radikal-islamistischen und jihadistischen Motiven heraus einen Anschlag mit einem selbst hergestellten Sprengstoffgürtel geplant haben. Im Visier sollen dabei "zivile Ziele" gestanden haben, sagt die Polizei. Die beiden Männer sollen 2015, nicht gemeinsam, nach Deutschland gekommen sein.

    Hinweise auf ein konkretes Anschlagsziel habe es zwar nicht gegeben, sagte eine Sprecherin. Allerdings habe der 28-Jährige vorgehabt, sich selbst mit dem Sprengstoffgürtel in die Luft zu sprengen und dabei "möglichst viele Ungläubige mit in den Tod zu reißen".

    Große Polizei-Razzia: Allgäuer soll mit Bruder in Hamburg einen Sprengstoff-Anschlag geplant haben

    Nach aktuellem Stand soll der 28-jährige Hauptbeschuldigte aus Hamburg seit einigen Wochen über einen Online-Gebrauchthandel und sonstige Anbieter Grundstoffe zur Herstellung sprengfähigen Materials erworben haben. Sein in Kempten lebender Bruder soll ihn in der Tatplanung bestärkt und somit Beihilfe geleistet haben. Der 24-Jährige wurde am Dienstag vorläufig festgenommen.

    Spezialeinheit im Zentrum von Kempten im Einsatz

    Wie ein Augenzeuge unserer Redaktion schilderte, seien am Morgen vier Polizeiautos und zwei größere Transportwägen vor dem Objekt in direkter Nähe zur Kemptener Innenstadt geparkt. Da einer der Transporter etwas Abseits gestanden habe, dachte der Zeuge zunächst es handele sich dabei um eine Verkehrskontrolle.

    Nach übereinstimmenden Schilderungen mehrerer Zeugen sei der Einsatz ruhig abgelaufen und zügig wieder vorbei gewesen - einige Hausbewohner hätten vom Zugriff gar nichts mitbekommen. Nach dpa-Informationen führte eine Spezialeinheit den Einsatz in Kempten durch. Der 24-Jährige habe keinen Widerstand geleistet.

    Im Zuge der laufenden Ermittlungen wurde auch sein 28-jähriger Bruder durch Spezialkräfte der Bundespolizei in Hamburg festgenommen worden. Gegen ihn lag ein Haftbefehl vor. Der Vorwurf lautet auf Terrorismusfinanzierung. Der in ähnlichen Ermittlungen übliche Tatvorwurf der "Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat" werde bislang nicht erhoben, da noch wesentliche Teile für die Sprengfähigkeit des Gürtels gefehlt hätten.

    250 Polizisten und SEK im Einsatz: Gebäude in Hamburg und Kempten durchsucht

    Darüber hinaus wurden am Dienstagvormittag mehrere Gebäude sowohl in Hamburg und Kempten als auch bei Kontaktpersonen der beiden Beschuldigten durchsucht. Die Polizisten konnten nach eigenen Angaben umfangreiche Beweismittel, darunter auch chemische Substanzen, sicherstellen.

    Insgesamt waren circa 250 Polizeikräfte beteiligt. Die Maßnahmen wurden vom Polizeipräsidium Schwaben Süd/West sowie der Bundespolizei unterstützt.

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    Hamburgs Innensenator Andy Grote lobte am Dienstag die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden der Hansestadt mit denen des Bundes bei der Terrorismusbekämpfung. Auch alle an den Ermittlungen im Vorfeld Beteiligten hätten "hochprofessionelle und erfolgreiche Arbeit" geleistet. "Der Fall zeigt erneut, wie wachsam und leistungsfähig unsere Sicherheitsbehörden sein müssen, um uns gegen extremistische Anschläge wirksam zu schützen", sagte Grote.

    Dieser Bericht wird laufend aktualisiert.

    (mit dpa)

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