'Theater, Theater – der Vorhang geht auf, dann wird die Bühne zur Welt'. Der Evergreen von Katja Ebstein aus dem Jahr 1980 über die Bretter, die die Welt bedeuten, singt Eva Wirthensohn im Altusrieder Theaterkästle und führt als 'Conférenciere' durch die Theaterposse 'Gretchen 89ff.' Um es gleich zu sagen: Es war köstliche Unterhaltung und eine große Liebeserklärung an das Theater.
Denn in dieser kabarettistischen Komödie von Lutz Hübner feiert sich das Theater selbst. Der viel gespielte Autor zeigt, wie Theatermachen funktioniert und was von dem von ihm vorangestellten Abonnentenstoßseufzer 'Hoffentlich spielen sie es so, wie es ist' zu halten ist. Da es 'das Stück an sich' ja nicht gibt. Unter den erfahrenen Händen und Blicken des Regisseurs Hanns Schuschnig haben Adrian Ramjoué und Thaya Klüpfel die eigene Zunft aufs Korn genommen und zu zweit in zig Rollen eine bravouröse Nummernrevue aufs Parkett gelegt, kommentiert und besungen von Eva Wirthensohn (souverän am Klavier begleitet von Katharina Jäkle).
Filmszene als Einstieg
In dieser Revue dreht sich alles um das Schmuckkästchen, das Gretchen in der berühmten 'Faust I'-Szene (Reclam-Band, Seite 89 ff.) findet, und das sie schwachmachen soll. Damit die Szene alle präsent haben, gab es sie filmisch als Gründgens-Inszenierung vorab. Dann wurde sie in zig Varianten durchgenudelt.
Den ersten Teil dominiert Adrian Ramjoué in den unterschiedlichsten Regisseur-Typen. Als 'Haudegen' mit schwerem S-Fehler und noch schwerem Erinnerungskoller an einen toten Schauspieler kommt Gretchen gar nicht zum Zug.
Als 'Tourneepferd' in breitem Wienerisch muss Gretchen vor allem charmant daherkommen ('Das wird wuuunderhübsch, Schatzl') und als abgehalftertem freudianischen Revoluzzer wäre ihm Gretchen mit Peitsche und in Strapsen am liebsten. So geigt er der braven Anfängerin die Meinung und zeigt ihr, wo der Hammer hängt, damit diese mit bestätigtem Vorurteil in die Pause verschwindet: 'Am schlimmsten sind die Regisseure in der Provinz.'
Doch nach der Pause dreht sich das Blatt in dieser bissig-ironischen wie witzig-turbulenten Komödie um. Denn wenn Thaya Klüpfel als Diva in den Ring steigt, hat der Herr Regisseur nichts mehr zu melden.
Mit blonder Perücke, Zigarillo, Handtäschchen und vor Verachtung triefender Herablassung lässt sie von ihm nicht mehr viel übrig als ein Abnicken ihres Szenenangebots und gibt ihm den Tipp: 'Wenn sie mal Regisseur werden wollen, dann lernen Sie mal mit Biss an die Sache heranzugehen.' Das hält in dieser Doppeldeutigkeit selbst ein mit allen Theaterwässerchen gewaschener Adrian Ramjoué nicht aus und steigt vor Lachen aus der Rolle aus. Auch das ist Theater. Live und in Farbe. Rhythmischer Applaus. Fazit: kultverdächtig.
Weitere Aufführungen im Theaterkästle Altusried: 13., 14., 15., 20., 21., 22., 27., 28. und 29. April, jeweils um 20 Uhr. Karten gibt es unter Telefon 01805/59 22 00.