Seit knapp einem Dreivierteljahr sind Käse-Fans aus dem Allgäu und ganz Deutschland am Verzweifeln. 'Bayerns geheime Waffe', so nennen die echten Liebhaber 'ihren' Weißlacker, ist kaum mehr im Handel erhältlich. Weder im Supermarkt noch im Fachgeschäft – der handgearbeitete Käse ist derzeit aus den Regalen verschwunden. Nur in wenigen Geschäften, angeschlossen an Arla-Käsereien, ist er zu bekommen.
Dabei ist der Weißlacker, wegen seines... typischen Geruchs... auch gerne Stinkkäs geschimpft, schon seit 1874 eine Allgäuer Spezialität. Von den Brüdern Josef und Anton Kramer aus Wertach wohl zunächst mehr versehentlich als mit Absicht produziert, ist der Weißlacker der bislang einzige Käse, der auch tatsächlich in der Region erfunden wurde. Allgäuer Kulturgut quasi. Doch wo ist er hin, der Weißlacker? Etwa verduftet?
Gerüche und Gerüchte
Nachdem das Allgäuer Duftwunder ab Mitte Ende 2012 nicht mehr lieferbar war, machten Gerüchte die Runde: Es soll Hygienemängel in der Produktion gegeben haben, munkelten einige. Andere sagten hinter vorgehaltener Hand, der Käse solle nach der Übernahme der Allgäuland-Käsereien durch Arla Foods sogar ganz eingestellt werden. Auch von Mängeln an der Verpackung wurde gesprochen.
Das ist Quatsch, sagt Karl-Michael Grueber, Betriebsleiter des Arla-Werks in Sonthofen. Der Grund für das Fehlen der Spezialität: Während der Übernahme der Allgäuland-Käsereien wusste niemand, wie es mit dem Weißlacker weitergeht. Deshalb haben wir weniger produziert und dazu noch einen ungewöhnlich hohen Absatz gehabt. Rund 15 Monate muss die Allgäuer Spezialität reifen, schnelles Nachproduzieren war daher nicht möglich.
Wie auch viele Kunden war Irmgard Nummer, Chefin des Käsespezialgeschäfts Geiger in Kempten, lange Zeit ratlos. Wir haben sehr wenige Informationen bekommen. Erst hieß es, der Käse kommt im Januar wieder – dann sollte er zu Ostern verfügbar sein. Doch bis letzte Woche musste sie jeden Tag etwa fünf bis sechs Kunden vertrösten, die auf der Suche nach dem Weißlacker in ihren Fachhandel kamen. Und das bei einem Käse, ohne den Allgäuer Kässpatzen ja eigentlich nur Spätzle mit Käse sind. Undenkbar!
Alles Käse?
Langsam riecht es aber wieder nach Käse am Ende des Tunnels: Der Weißlacker kommt zurück! Und Arla setzt damit eine echte Duftmarke. Statt wie viele Molkerei-Konzerne nur Käse aus Massenproduktion herzustellen, will das weltweit tätige Unternehmen auch kleine Käse-Sorten erhalten. Arla Foods legt Wert auf Tradition und hat viel Geld in die Hand genommen, um die Weißlacker-Produktion am Leben zu erhalten, erklärt Betriebsleiter Grueber. Abgeschlossen vom Rest des Werks läuft die Produktion der Allgäuer Spezialität nun einzig in Sonthofen und das ausschließlich in Handarbeit.
Und auch die Lager sind wieder voll. Noch in diesem Monat kommt unser Weißlacker wieder in den Handel, erzählt Karl-Michael Grueber sichtlich stolz. Der Weißlacker ist einfach ein toller Käse – ein echtes Allgäuer Original.
Das sieht auch Irmgard Nummer so und ist den Supermärkten eine Nasenlänge voraus. Im Käsespezialgeschäft Geiger liegt die Spezialität aus Sonthofen bereits ab dieser Woche wieder in der Theke.
Angeregt durch die "Gemeinschaft der Allgäuer Weißlackerfreunde" feiert das Allgäu am Freitag, 17. Mai 2013, zum ersten Mal den jährlich wiederkehrenden "Tag des Weißlackers". Die Begründung der Weißlackerfreunde ist nach eigener Aussage, dass alle Allgäuer "gemerkt haben, wie wichtig uns gerade diese Käsesorte ist".