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Gerd Gradwohl (48) will bis zu den Paralympics 2010 weitermachen

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Gerd Gradwohl (48) will bis zu den Paralympics 2010 weitermachen

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    Gerd Gradwohl (48) will bis zu den Paralympics 2010 weitermachen
    Gerd Gradwohl (48) will bis zu den Paralympics 2010 weitermachen Foto: hermann ernst

    Von Roland Wiedemann |KemptenAls sich Gerd Gradwohl im vergangenen Winter kaum noch rühren konnte, hat er sich selbst therapiert. Dank spezieller Gymnastik und Dehnübungen bekam der Physiotherapeut und stark sehbehinderte Skirennläufer die Rückenblockade in den Griff. Aber die Saison war gelaufen, ohne dass Gradwohl ein einziges Mal am Start gewesen war. Viele hätten in dieser Situation gesagt: Das wars jetzt. Nicht so Gerd Gradwohl. Er will es noch einmal wissen - mit 48 Jahren. Das Ziel: die Paralympics 2010 in Vancouver/Kanada.

    Erst kürzlich hat der zweifache Medaillengewinner der Paralympics 2006 in Neuseeland getestet, was noch geht. Und der Kemptener kehrte recht zufrieden vom Schnee-Training auf der Südhalbkugel zurück. "Meine Gegner im Weltcup sind 15 Jahre jünger. Aber in unserem Sport ist Erfahrung wichtig. Ich bin konkurrenzfähig", sagt er.

    In der Tat braucht es viel Erfahrung, jede Menge Intuition und ein gutes Gelände-Gefühl, um quasi im Blindflug und mit Tempo 100 auf Ski ins Tal zu rasen. Karl-Heinz Vachenauer, Gradwohls Partner und Orientierungspunkt auf der Piste, vergleicht das Ganze mit einer Schussfahrt durch dicksten Nebel.

    Seit vier Jahren bilden die beiden ein perfektes Team. Vachenauer, ehemaliger DSV-Weltcup-Fahrer aus Oberbayern, gibt die Richtung vor und Gradwohl carvt hinterher. Schemenhaft kann er seinen Guide erkennen. "Ohne ihn geht nichts", erklärt der an der Augenkrankheit Makuladegeneration leidende Allgäuer. "Ich erkenne die Tore viel zu spät." Beim Training am Mount Hutt in Neuseeland war Gradwohl frontal in eine Stange gefahren. "Ich hätte mich fast aufgespießt."

    "Ehevertrag" mit Vachenauer

    Als sich Gradwohl und Vachenauer im Frühjahr darüber unterhielten, wie es sportlich weitergehen soll, waren sie sich schnell einig: Der "Ehevertrag" (Gradwohl) soll verlängert werden. Es war harte Arbeit, als Team so weit zu kommen, da kann man nicht schon nach vier Jahren wieder aufhören.

    Seit 2007 eigene Praxis

    Zumal Gradwohl inzwischen mit einem Mainzer Physiotherapie-Zentrum einen Sponsor hat, der die Verdienstausfälle abfedert, wenn er wegen Trainingslehrgängen oder Wettkämpfen in seiner Praxis fehlt. "Ansonsten könnte ich das nicht mehr machen", betont Kemptens Sportler des Jahres 2006, der sich im vergangenen Jahr selbstständig machte. "Von der Sportförderung gibt es nur 44 Euro im Monat."

    Gradwohl spricht von "Widerständen", gegen die er als Sportler immer wieder ankämpfen müsse. So schlug der Betriebswirtschaftler, der ihm beim Aufbau der Praxis beratend zur Seite steht, die Hände über dem Kopf zusammen, als ihm Gradwohl sagte, er wolle seine Ski-Karriere fortsetzen. Trotz aller Schwierigkeiten macht Gradwohl weiter.

    Auch wegen der Vorbildfunktion und weil er als Sportler zeigen will, "dass man das Handicap in sein Leben integrieren kann."

    Und Gradwohl möchte im Allgäu Werbung für den Behindertensport machen, wo dieser seiner Meinung nach nicht so den Stellenwert habe wie anderswo. "Im Chiemgau, der Heimat von Vachenauer", sagt der Paralympics-Sieger (Turin), "haben wir eine richtige Fan-Gemeinde."

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