Richter informierte über neues Familienrecht Obergünzburg (ram). Bei einer Veranstaltung der Frauen-Union und CSU im 'Schwanen' informierte Familienrichter Jürgen Kimmerle (Kempten) über die Handhabung des Ehe- und Familienrechts, das gegenüber früher zahlreiche Aktualisierungen aufweist. Haupttenor: Der Gesetzgeber wünsche insbesondere, dass die ehemaligen Partner die 'elterliche Sorge' weiterhin gemeinsam ausüben.
Die Materie des Kindschafts- und Eherechts ist komplizierter als von manchem gedacht. Sicher sei im neuen Recht vieles zeitgemäßer geregelt worden, so der Richter, aber es bleibe jeder Fall auch individuell menschlich zu beurteilen. Es gebe nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zur elterlichen Sorge, früher 'elterliche Gewalt' genannt. Per 'Sorgerechtserklärung' seien nichtverheiratete Paare den Verheirateten gleichgestellt worden.
Der Gesetzgeber wünsche, dass nach der Trennung die Sorge für Kinder gemeinsam wahrgenommen werde. Die elterliche Sorge umfasse Angelegenheiten der Ausbildung und Schule, des Aufenthalts und Umgangs sowie der Gesundheits- und Vermögenssorge. Kimmerle wartete mit vielen Beispielen aus der täglichen Praxis auf.
'Was ist los, wenn sich ein Elternteil einfach weigert, ins Ausland zieht, Alkoholiker oder Straftäter ist?', stellte der Referent als Frage in den Raum. In solch einem Fall werde freilich zugunsten des erziehungswilligen Teils entschieden. 'Lieber' sei ihm allerdings, wenn sich die Eltern einvernehmlich einigen, 'notfalls auch mit sanftem Druck' des Richters. Viel Streit entstehe um die Frage, ob es sich um 'einigungsbedürftige Angelegenheiten' handele. Dazu führte der Familienrichter aus, dass die Wahl der Schule, der Lehre und Ausbildungsstätte oder absehbare Operationen und vor allem der Aufenthalt und Umgang von erheblicher Bedeutung sind.
Naturgemäß komme es wegen des Umgangsrechts am häufigsten zur Anrufung des Gerichts besonders, wenn Kinder als 'Machtmittel' missbraucht würden. Kinder haben ein Recht auf Anhörung, was im Falle eines Ein- bis Achtjährigen aber Probleme bereite. Ab 14 Jahren habe die Entscheidung des Jugendlichen erheblichen Einfluss auf das Urteil. Dieses könne aufgrund neuer Erkenntnisse auch sofort widerrufen werden.
Flexibilität sei der oberste Grundsatz für den Familienrichter, so Kimmerle. Entscheidungen über den Aufenthalt der Kinder haben auch finanzielle Auswirkungen für den Teil, der zur Unterhaltszahlung verpflichtet ist. Hierüber werde oft gestritten und dies erfordere eine möglichst gerechte Urteilsfindung. Die Zuhörer waren der Meinung, dass der Familienrichter bei seinen Entscheidungen nicht zu beneiden sei.