Kempten (pa). - Darüber hat sich Helga Lewerenz, Mutter einer behinderten Tochter, schon häufig geärgert. Es gebe zwar, sagt sie, bei den Kemptener Einkaufsmärkten grundsätzlich ausreichend Behinderten-Parkplätze. Doch stünden da, was auch andere Betroffene bestätigten, 'zu 80 Prozent Autos drauf, deren Besitzer gar nicht berechtigt sind.' Die Frage der Mutter, was man gegen solch rücksichtslose Zeitgenossen unternehmen könne, ist freilich gar nicht so leicht zu beantworten. Dass Helga Lewerenz auf ihrem Anrecht auf einen Behindertenparkplatz besteht, ist keine Rechthaberei. Es hängt vielmehr damit zusammen, dass sie die Seitentür ganz öffnen muss, um ihre Tochter aus dem Auto zu holen. Das ist auf den breiteren Behinderten-Stellplätzen leichter möglich, und da kann ihr Fahrzeug auch nicht eingekeilt werden. Denn diese Stellflächen liegen meist am Rand der Parkstreifen. Und außerdem nah beim Eingangsbereich - was genau der Grund dafür ist, dass gehfaule andere Kunden dort oft gedankenlos ihr Auto abstellen. Beschwerden beim Verkaufspersonal, hat Lewerenz festgestellt, bringen meist nicht viel: 'Ja mei, heißt es dann, das sind halt auch Kunden.' Auf die Polizei können Behinderte in dem Fall auch nicht rechnen. 'Solche Kundenparkplätze sind Privatgrund,' sagt Klaus Schorm, der stellvertretende Leiter der Verkehrspolizei-Inspektion. 'Da dürfen wir nur bei Straftaten tätig werden.' Wenn beispielsweise jemand beim Ausparken ein anderes Auto beschädigt und dann Fahrerflucht begeht. Bei Parkverstößen ist die Polizei dagegen genau so machtlos wie die kommunale Verkehrsüberwachung. Wenn jemand im öffentlichen Raum unbefugt einen Behinderten-Parkplatz benutzt, so Volker Reichle, Leiter des Amts für Verkehrswesen, dann gibt's mit 35 Euro ein Bußgeld 'der teuersten Kategorie.' Auf Privatgrund aber seien seine Leute machtlos gegen solche Parksünder. Die Stadt, so der stellvertretende Baureferent Peter Riegg, könne den Einkaufszentren bislang nicht einmal die Einrichtung von Behinderten-Parkplätzen vorschreiben: 'Wir dürfen nur bestimmen, wie viele Stellplätze insgesamt nötig sind.' Jedoch sei eine Gesetzesänderung in Sicht, wonach bald Berhinderten-Parkplätze zur Pflicht werden.
Problem ist die Kontrolle Allerdings ist das Problem ohnehin nicht die Zahl. Sondern die Kontrolle. 'Bei uns,' sagt Hannes Feneberg von der Geschäftsführung der gleichnamigen Lebensmittelkette, 'sind die Marktleiter gehalten, das immer mal wieder zu kontrollieren.' Wenn sie, was in der Tat nicht gerade selten vorkomme, einen 'Falschparker' erwischen, klemmen sie ihm einen 'höflichen Hinweis' unter den Scheibenwischer. Allein das scheint schon zu wirken: Beschwerden von behinderten Kunden, so Feneberg, seien ihm nicht bekannt. Wo das nicht so gut funktioniert, greifen manche auch schon mal zur Selbsthilfe. So kennt Helga Lewerenz einen Behinderten, der Falschparker 'einsperrt', indem er sein Auto hinter ihrem Fahrzeug querstellt. Wenn einer sich hinterher darüber aufregt, fordert er ihn auf: 'Holen sie doch die Polizei.' Das habe bisher noch keiner getan. Aber wenn es doch einer täte, dann kämen die Beamten tatsächlich. Denn was der Behinderte da praktiziert, sagt Schorm, sei eigentlich Nötigung, also eine Straftat: 'Und da müssen wir nun mal tätig werden.' Er sollte es, rät Klaus Schorm, also doch lieber bleiben lassen. Auch wenn sein Ärger noch so verständlich sei.