Kempten/Oberallgäu (az). - Ringe in Augenbrauen, Nase und Ohren - das sind die Markenzeichen von Handball-Star Stefan Kretzschmar. Der Linksaußen des SC Magdeburg ist wie viele Jugendliche gepierct. Doch wenn der 31-Jährige seine Künste auf dem Feld demonstriert, muss er die durchstochenen Stellen in seinem Gesicht mit Pflaster bedecken. Auch im Schulsport lauern Gefahren: Piercings können zu schweren Verletzungen führen, warnen Mediziner und Krankenversicherungen. Gerade bei Ballsportarten sei eine Gefährdung der Mitschüler nicht ausgeschlossen. Das gelte vor allem für Bauchnabel- und Gesichts-Piercings sowie für Ohrringe. Wir sprachen mit Kemptener Sportlehrern und Rektoren im südlichen Oberallgäu über ihre Erfahrungen mit gepiercten Schülern. An der Robert-Schumann-Hauptschule in Kempten sind die Vorgaben zu diesem Thema klar: 'Unsere Schüler müssen im Sportunterricht ihren Schmuck abnehmen. Und dazu zählt natürlich auch jede Art von Piercing', sagt Friedhold Schuster. Er ist Fachberater Sport an seiner Schule sowie am Schulamt Kempten und gehört außerdem noch dem Arbeitskreis Schulsport in Kempten an. Für die Schüler sei es keine große Sache, dass sie ihr Piercing vor den Sportstunden rausnehmen oder abkleben, sagt Schuster. Sie wüssten zum einen, dass Piercings im Sportunterricht tabu sind, weil das Risiko, sich und andere zu verletzen, schlichtweg zu hoch sei. 'Und sie tun es außerdem aus reinem Selbstschutz', ist sich der Lehrer sicher. Allein schon die Vorstellung, an einem Ring hängen zu bleiben und ihn abzureißen, schrecke ab. Besonders gefährlich sind nach Meinung Schusters Mannschaftssportarten, bei denen direkter Körperkontakt besteht. Außerdem Gerätturnen, wo sich die Schüler beispielsweise mit einem Bauchnabel-Piercing verhaken können, wenn sie an der Reckstange turnen. Die Piercings müssen, wie Schuster am Beispiel von Handball-Profi Stefan Kretzschmar erläutert, mit einem Pflaster überklebt oder abgelegt werden. Nicht möglich ist dies natürlich beim Zungen-Piercing. 'Ich glaube, das würde ich sogar noch dulden. Denn mit einem Stecker im Mund kann eigentlich nicht viel passieren', so Schuster. Der Sportlehrer hat damit allerdings kaum Erfahrung. Überhaupt sei Piercing kein großes Thema, geschweige denn ein Problem an Schulen. Im Kollegenkreis hätte noch nie ein Gespräch darüber stattgefunden. 'Ich würde auch sagen, dass dieser Trend schon wieder abklingt.'
Gefahr bei 'Bauchfrei' Am Hildegardis-Gymnasium in Kempten gibt es ebenfalls wenige Schüler, die Piercing tragen, sagt Sportlehrerin Petra Kölbel. Doch auch für die Wenigen gilt: Ob Ohrring oder Piercing - Schmuckgegenstände werden im Sportunterricht nicht geduldet. Gerade beim Gerätturnen verlangt die Lehrerin deshalb, dass Schülerinnen mit Bauch-Piercing ein T-Shirt tragen, das sie in die Hose stecken können. 'Die Mädchen tragen gerne bauchfrei - und das ist natürlich sehr gefährlich, wenn sie einen Stecker im Bauchnabel haben.' Nicht immer werde das Piercing-Verbot von den Schülern kommentarlos akzeptiert, ist Kölbels Erfahrung. 'Da muss man schon oft mit Nachdruck auf sie eingehen.' Edmund Seiller, Rektor der Hauptschule Oberstdorf gibt zu diesem Thema noch zu bedenken, dass es auch versicherungstechnische Dinge zu klären gebe. Sollte es zu Unfällen im Sportunterricht kommen, übernehme die Gemeinde-Unfallversicherung nur dann die Behandlungskosten, wenn Ringe und Stecker abgeklebt sind. Marina Köberle aus der 9. Klasse des Gymnasiums Immenstadt hält es für unpraktisch, ihr Piercing vor dem Sportunterricht zu entfernen. 'Es ist schwierig, die Sachen abzunehmen', sagt die 15-Jährige. Sie klebt ihren Stecker im linken Ohr dennoch ab, denn sie sieht ein, dass sie sich sonst beim Handball- oder Basketballspielen schwer verletzen kann.