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Gebärdensprache zum Frühstück

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Gebärdensprache zum Frühstück

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    Von Sabrina Müller|LindenbergAufgeregt erzählt Paul (Namen aller Kinder von der Redaktion geändert) davon, dass er und seine Eltern am Wochenende abgeschleppt werden mussten, weil ein Marder am Auto zugange war. Felix hat mit seinem Papa eine Holzrassel gebastelt und außerdem war er auf einem großen Fest in Meckatz. Da gab’s Fanta und eine Wurst, 'die ganz heiß war'.

    Auf den ersten Blick ist die schulvorbereitende Einrichtung (SVE) der Lebenshilfe nicht von einem normalen Kindergarten zu unterscheiden: An den Fenstern und von der Decke hängen selbst gebastelte, große Blumen aus knallbuntem Tonpapier, in Regalen liegen farbige Bauklötze und Kasperlepuppen. Aber: Die Kinder bekommen eine besondere Förderung. Sie brauchen mehr Aufmerksamkeit als Gleichaltrige, können langsamer oder leiser sprechen, nicht stillhalten oder sich länger konzentrieren.

    Der Morgenkreis gehört dazu

    Kleine Stühle stehen für den Morgenkreis bereit. Der findet jeden Tag statt und dauert meist knapp eine Stunde. Der Ablauf ist dabei immer ähnlich. Für die Kinder ist diese Routine wichtig, wie der heilpädagogische Förderlehrer Marcel Röhl weiß: 'Dadurch wissen sie, was auf sie zukommt und sind nicht ständig in Sorge darüber, was als nächstes passiert.'

    Als alle sitzen, bekommt jedes Kind einen Klecks Creme auf die Hand. 'Ein Frühlingsduft', schießt es aus Hannes hinaus. Die anderen riechen daran und pflichten ihm bei. Gruppenleiter Röhl zündet ein Kerze an, die in der Mitte des Stuhlkreises auf einem kleinen Tisch mit grüner Filzdecke steht. Heute darf Erik das Streichholz ausblasen und Anna den CD-Player bedienen. Sie drückt auf der Fernbedienung die Taste mit der Nummer 5. Ein Lied über den Frühling tönt aus den kleinen Boxen.

    Dann wird es für einen Moment ganz still. Etwas Besinnliches liegt im Raum. Solange, bis Peter unverhofft anfängt zu singen - allein und ziemlich laut. Alle reichen sich die Hände und stimmen mit ein in das Begrüßungslied, bei dem jeder einzeln mit einem 'ich bin da, du bist da - guten Morgen' willkommen geheißen wird. Und weil Daniel nicht sprechen kann, drückt er auf den 'Big Mäc', ein großes rundes Gerät, dass statt seiner ein fröhliches 'guten Morgen' in die Runde wirft.

    A, E, I, O und U sind den Kindern keine Unbekannten. Zielsicher nimmt Hannes das A vom Tisch, als Röhl ihn danach fragt. Und dass Affe und Apfel mit diesem Buchstaben beginnen, haben er und die, die im Sommer in die Schule kommen, bereits gelernt.

    Neben dem Alphabet, den Wochentagen, Jahreszeiten oder dem Zählen lernen die SVEler auch Gebärdensprache - gebräuchliche Begriffe wie bitte, danke oder herzlichen Glückwunsch. 'Das hilft den Kindern beim Erzählen', sagt Röhl.

    Nach dem Morgenkreis sind bei Robert 'die Batterien leer'. Um den Akku wieder aufzuladen, gibt’s zur Stärkung eine Brotzeit. Aus ihren kleinen Rucksäcken kramen die Kinder ihr Essen heraus - Kuchen, Salami-Baguette, Äpfel oder Joghurt.

    Kurz danach geht es auch schon weiter - am Montag ist immer Kuchenbacktag. 'Dann wissen die Kinder, dass die Woche von vorn startet. ', erklärt Röhl den Hintergedanken der Aktion. Gleiches gilt, wenn es am Freitag eine große Brotzeit mit Semmeln und Brezeln gibt, die jeder vorher schriftlich bestellen muss. 'Danach ist klar, dass das Wochenende kommt', so Röhl.

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