Von Markus Raffler |FüssenNostalgie, Wehmut, Abschiedsschmerz - von alledem will Karlheinz Knebel nichts wissen. Der langjährige Füssener Stadtpfarrer und Dekan liebt seine Heimatregion und ihre Menschen. Dennoch ist er Pragmatiker durch und durch. "Wenn ich zu etwas Neuem aufbreche, dann mache ich einen richtigen Schnitt." Kein Wunder, dass der neue Generalvikar des Bischofs (wir berichteten) den begonnenen Umzug nach Augsburg lieber heute als morgen abschließen würde.
Doch selbst wenn er es gewollt hätte - Zeit, das neue Amt bedächtig anzugehen, blieb dem 56-Jährigen nicht. So wie sein Ja zur neuen Herausforderung ohne großes Zögern im Urlaub am Gardasee fiel, so sprang der Monsignore auch am neuen Arbeitsplatz ins kalte Wasser. "Da gibt es keine Probezeit - bereits die ersten Wochen haben alle angenehmen und unangenehmen Seiten dieses Amtes enthalten."
Der Generalvikar - die rechte Hand des Bischofs? Von wegen. Der Füssener ist Verwaltungschef des Bistums und lenkt allein am Bischofssitz rund 400 Angestellte. Rechnet man vom Pfarrer bis zum Religionslehrer alle zusammen, so ist Knebel in der gesamten Diözese für fast 15000 Mitarbeiter verantwortlich. Er sitzt in diversen Aufsichtsgremien, führt Referate, leitet Domkapitel-Sitzungen und zeichnet wesentlich für künftige Strukturen im Bistum verantwortlich.
Doch auch im pastoralen Bereich ist Knebel gefragt, soll er doch gemeinsam mit Walter Mixa Akzente setzen. "Ich bin zwar enge Vertrauensperson des Bischofs. Es ist aber auch meine Aufgabe, sehr eigenständig zu arbeiten", erläutert er.
Dabei muss der Monsignore Manager-Qualitäten zeigen, muss weitaus öfter als bisher delegieren, sich zuarbeiten lassen - und bei Bedarf auch hart durchgreifen. Dabei kommt ihm entgegen, dass er nach eigener Einschätzung einen kooperativen Führungsstil pflegt, Details "nicht in Perfektion beherrschen will" und mit gesundem Optimismus durchs Leben geht.
21 Jahre als Füssener Stadtpfarrer, 19 Jahre als Dekan liegen hinter ihm. "Ich bin dankbar für diese Zeit, sie war sehr gewinnbringend für mich", lautet das Resüme des Monsignore. An die vielen Begegnungen mit Menschen aller Couleur erinnert sich Knebel dabei, aber auch an Magnus-Spiele und experimentelles Theater oder die eigenwillige Gestaltung des Sakralraumes von St. Mang durch Künstler Erwin Wiegerling. Letztere quittierte mancher Gläubige mit Unverständnis, in der Mehrheit aber stieß sie auf Zustimmung. "Ohnehin sind die echten Füssener keineswegs engstirnig", ist Knebel überzeugt. "Sie haben eine gewisse liberale Struktur."
Vieles habe sich seit seinem Amtsantritt in Füssen grundlegend gewandelt, bilanziert Knebel - von der allgemeinen Wertevorstellung übers globale Denken bis zu den Vereinsstrukturen. "Doch dahinter steckt auch eine Chance - ich sehe keinen Wandel mit Sorge", meldet sich der Optimist Knebel zu Wort. Wenngleich ihm klar ist, dass Probleme wie der wachsende Priestermangel oder die Distanz vieler Jugendlicher der Kirche viel abverlangen werden. Beispielhafte Impulse, um gegenzuhalten, hat er in Füssen selbst gesetzt - etwa mit dem Modell "größerer pastoraler Räume".
Vor dem Generalvikar liegen Berge von Arbeit - und das nicht nur in Form der rund 20 Unterschriftenmappen, die ihm seine Mitarbeiter täglich vorlegen. Knebel krempelt die Ärmel hoch - und hofft, angesichts künftiger 60-Stunden-Wochen zumindest ein bisschen Zeit für sich zu haben. Zeit zum Lesen etwa. Und Zeit für den täglichen Spaziergang mit einer Dame: seiner Hündin Valentina.