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Für 720 Euro ins Rampenlicht

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Für 720 Euro ins Rampenlicht

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    Auch wenn die Seebühne schlummert: In Bregenz produzieren sie viele Werbeaktionen. Von unserem Redaktionsmitglied Freddy Schissler Bregenz Die Sonne lässt sich an diesem trüben Januartag in Bregenz nicht aus der Reserve locken. Schade. Denn wenn man sich zu früher Abendstunde auf einem Schalensitz auf der Festspiel-Tribüne niederlässt, wartet man regelrecht auf diesen Moment, wenn die Sonne im Bodensee eintaucht. Aber sie will heute nicht. Überhaupt befällt einen ein seltsames Gefühl, wenn man auf die Weiten des Sees hinausschaut und auf die Bühne der Bregenzer Festspiele. Dort, wo in den Sommermonaten die große Kultur geboten wird, wo Puccinis 'La Bohème' 2001 über 150 000 Besucher lockte, herrscht die große Ruhe.

    Feierabend-Stimmung.

    Die Bregenzer Festspiele haben sich zurückgezogen. Sie machen das jedes Jahr so. Minimieren ihre Mitarbeiterzahl auf gerade mal 30. Zum Vergleich: Während der Spielzeit beschäftigt das Unternehmen über 1500 Mitarbeiter. Die Bühne draußen auf dem Wasser wirkt zwar noch immer kolossal mit einem 27 Meter hohen Kartenständer. Oder einem 33 Meter breiten Bistro-Tisch. Aber ohne die Menschen darauf wirkt sie irgendwie leer, karg. Fast schon gespenstisch.

    Einer wie Franz Salzmann hat keine Zeit, solchen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Der Mann steckt über beide Ohren in Arbeit. Er ist der kaufmännische Direktor bei den Festspielen und muss den Laden am Laufen halten. Reparaturen draußen auf der Bühne managen, Verhandlungen mit Firmen oder Ingenierbüros führen, die Aufträge für die kommenden Frühlings- und Sommermonate bekommen. Er muss zudem dafür sorgen, dass die Bühnen der Festspiele ausgebucht sind und auch an andere Veranstalter vermietet werden. Hier in seinem Büro geht es um Geld, nicht um Kunst. Immerhin trifft Salzmann die Entscheidungen für ein Unternehmen mit einem Jahresbudget von 18 Millionen Euro.

    Gefragt sind außerdem Ideen, mit denen die Festspiele im Gespräch und damit populär bleiben. Jüngste Aktion der Presseabteilung unter Leitung von Axel Renner: Der Gewinn eines Abends auf der Seebühne. Per Internet hatten die Leute Gelegenheit, finanzielle Angebote abzugeben. Der Meistbietende darf im Sommer einen Abend bei Puccinis 'La Bohème' hinter und auch vor den Kulissen (ein Kurzeinsatz auf der Bühne) mitwirken. Der Erlös dieser Internet-Auktion fließt nicht in die Kasse der Festspiele, sondern kommt karitativen Projekten in Vorarlberg zugute. Resultat: Dem Gewinner ist der Puccini-Abend über 720 Euro wert ­ und zwar für seine Frau, die dieses 'Backstage'-Paket (plus Erinnerungsfoto mit Ensemble und zwei Karten für eine Vorstellung) unterm Christbaum fand.

    'Wir sind allen Dingen gegenüber offen', pflegt Renner stets zu sagen, und was er damit vor allem meint: Ein gutes Marketing und Zusammenarbeit mit anderen Institutionen hat noch keinem Unternehmen geschadet. Seit geraumer Zeit beispielsweise stehen die Festspiele mit der Pädagogischen Hochschule in Weingarten bei Ravensburg in Kontakt.

    Dort gibt es unter anderem den Studiengang Journalismus. Als Festspiel-Intendant Dr. Alfred Wopmann davon erfuhr, gab er sofort die Order aus: Denen könnten wir doch die Hand reichen. Was im Klartext heißt, dass den Nachwuchsjournalisten die Gelegenheit geboten wird, in Bregenz hinter die Kulissen zu schauen oder die journalistische Praxis zu üben. Zum Beispiel in Form einer gestellten Pressekonferenz oder Interviews mit Künstlern. 'Im Gegenzug', sagt Renner, 'stehe ich in Weingarten als Dozent für PR- und Öffentlichkeitsfragen zur Verfügung.' Vor allem an jenen trüben Tagen, wenn in Bregenz die Seebühne sanft vor sich hinschlummert.

    Die Hauptveranstaltungen in Bregenz:Ab 17. Juli: Julietta (Oper von Bohuslav Martinu) im Festspielhaus Ab 18. Juli: 'La Bohème', Seebühne22. Juli/29. Juli/5. August: Wiener Symphoniker im Festspielhaus11. August: Symphonieorchester Vorarlberg im Festspielhaus15. August: European Union Youth Orchestra im Festspielhaus

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