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Freispruch und ein Verfahrensfehler

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Freispruch und ein Verfahrensfehler

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    Von Johannes Schlecker |MemmingenKurioses Ende eines Prozesses gegen drei Angeklagte, die sich wegen räuberischer Erpressung eines Mithäftlings in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Memmingen verantworten mussten: Während die Verhandlung für einen 25-jährigen Beschuldigten aus Mangel an Beweisen mit einem Freispruch endete, stellte Richter Stefan Nielsen im Laufe der Verhandlung fest, dass für die Verurteilung des 28-jährigen Mitangeklagten eigentlich nicht das Schöffen-, sondern das Landgericht zuständig ist.

    Die Staatsanwaltschaft hatte laut Nielsen bei der Anklage-Erhebung übersehen, dass der Mann bereits wegen der Ermordung eines Memminger Gastwirts im Februar 2007 vom Landgericht zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden war (wir berichteten). Daher sei auch das Schwurgericht am Landgericht in diesem Fall "zwingend einzubeziehen", so Nielsen (siehe Infokasten). Er habe dieses Detail bei der Eröffnung des Hauptverfahrens auch nicht bedacht.

    Den Angeklagten wurde Folgendes vorgeworfen: Ein mittlerweile 26 Jahre alter Mann aus Memmingen, der bei der Verhandlung als Zeuge vernommen wurde, sei während seiner Untersuchungshaft in der JVA Anfang 2007 von den Beschuldigten erpresst worden. Bei seiner Vernehmung belastete er vor allem einen 33-jährigen Mann, der ihn aufgefordert haben soll, Schutzgeld in Höhe von 500 Euro zu zahlen.

    Andernfalls werde er ihm "persönlich die Hölle heiß machen." So jedenfalls gab es der 26-Jährige bei der polizeilichen Vernehmung zu Protokoll.

    Vor Gericht konnte sich der Mann jedoch nicht mehr genau daran erinnern. Das Geld hätte er in die Kasse der "Gemeinschaft" zahlen sollen. Dafür sollte er von der Gruppe vor den anderen Häftlingen geschützt werden. Wer hinter der Gemeinschaft steht, habe er allerdings nicht gewusst. Da der 26-Jährige wegen des Verdachts der versuchten Vergewaltigung einer 14-Jährigen in Untersuchungshaft saß, habe ihm der Angeklagte erzählt, dass die Wärter in der JVA "Kinderschänder" in die Zelle anderer Häftlinge stecken würden, wo sie dann verprügelt werden.

    Geballte Faust

    Der wegen Mordes verurteilte 28-Jährige soll mindestens einmal mit geballter Faust vor ihm gestanden und ihn bedroht haben. Bezahlt habe er allerdings nicht, da er wenig später aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, so der Zeuge.

    Um die Vorfälle zu dokumentieren, machte sich der 26-Jährige Notizen und gab sie an die Wärter weiter. Dort tauchte immer wieder der Name des 25-jährigen Beschuldigten auf. Dieser soll ihn darauf hingewiesen haben, dass auf dem Bett des 26-Jährigen ein Zettel mit einer Adresse liege. Dort sollten seine Eltern oder Verwandte die 500 Euro abgeben. Vor Gericht konnte sich der mutmaßlich Erpresste jedoch nicht mehr an den Angeklagten erinnern.

    Nicht nachzuweisen

    Da dem 25-Jährigen die Beteiligung an der Erpressung nicht nachgewiesen werden konnte, sprach ihn das Gericht frei. Das Verfahren gegen den 33 Jahre alten Angeklagten soll nun ebenfalls vor dem Landgericht fortgeführt werden. Laut Nielsen ist eine gemeinsame Beweisaufnahme wegen der möglichen Mittäterschaft des zu lebenslanger Haft verurteilten Mitangeklagten nötig.

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