Die Fraktion der Freien Wähler im Bayerischen Landtag will ein verpflichtendes "Deutschlandjahr" für Männer und Frauen einführen. Schon vor 11 Jahren habe der Kaufbeurer Landtagsabgebordnete Bernhard Pohl dafür ein Konzept erarbeitet. Männer und Frauen sollen "einen 12-monatigen Dienst ableisten müssen. Sie können frei entscheiden, ob sie den bei der Bundeswehr, in einer sozialen Einrichtung wie Alten- oder Pflegeheim oder Krankenhaus oder bei einer Blaulichtorganisation ableisten", so Pohl gegenüber all-in.de. Eine Rückkehr zum alten Wehr- und Ersatzdienst mit Gewissensprüfung soll es nicht geben. Eine Mehrheit im Landtag hat der Vorschlag bislang nicht gefunden. Aber sowohl die Corona-Pandemie als auch der Überfall Russlands auf die Ukraine hätten gezeigt, dass man sich stärker als bisher auf Gesundheit und Pflege, aber auch auf die Landesverteidigung konzentrieren müsse. "Das ist nicht mit Geld allein getan", so Pohl. "Wir brauchen hierfür auch motivierte Menschen, die bereit sind, sich einzubringen. Dafür wird das Jahr, das Männer und Frauen für die Allgemeinheit ableisten, wertvoll sein."
Es geht um die "Existenzfragen unseres Landes"
Derselben Meinung ist Pohls Landtags-Kollege Fabian Mehring aus Augsburg. Mit dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine sei man jetzt in einer neuen Situation. "Der völkerrechtswidrige Überfall Russlands auf die Ukraine sollte uns allen die Augen geöffnet haben. Wir leben nach wie vor in einer Welt militärischer Bedrohung, der nur durch eine Verteidigungsbereitschaft und -fähigkeit begegnet werden kann", so Mehring. Die Corona- Pandemie habe zudem deutliche Defizite im Bereich Gesundheit und Pflege aufgezeigt. Man brauche da wie dort "mehr Menschen, die sich um diese Existenzfragen unseres Landes kümmern. Ein verpflichtendes "Deutschlandjahr" kann einen wertvollen Beitrag dazu leisten."
Das sind die Eckpunkte des Vorschlags der Freien Wähler:
- Zwölfmonatiger Dienst für Männer und Frauen
- Wahlweise bei der Bundeswehr, bei Rettungsdiensten, in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen oder auch im Dienste des Umwelt- und Klimaschutzes, sowie im Ehrenamt, Vereinen oder Sport
- Keine Gewissensprüfung oder einseitige Fixierung auf den Militärdienst
"Junge Menschen kommen natürlich nicht als einsatzbereite Soldaten oder Pflegekräfte. Sie sollen unterstützen, ein Gefühl für bestimmte Aufgaben und Herausforderungen bekommen und letztlich auch dazu motiviert werden, aus ihrem Dienst einen Beruf zu machen. So gewinnen wir notwendige Nachwuchskräfte in diesen für unsere Gesellschaft so wichtigen Sektoren", erklärt Mehring.
Gleichberechtigung: Männer und Frauen gleichermaßen in die Pflicht nehmen
Um den Bedenken zu begegnen, dass dadurch dem Arbeitsmarkt künftige Fachkräfte für einen längeren Zeitraum nicht zu Verfügung stünden, sehen die Pläne der Freien Wähler die Möglichkeit vor, den Dienst in mehreren Etappen abzuleisten. Die Fraktion spreche sich auch klar dafür aus, Männer und Frauen gleichermaßen in die Pflicht zu nehmen. Dies sei eine Selbstverständlichkeit. "Die Gleichberechtigung von Mann und Frau steht nicht nur im Grundgesetz, sondern ist auch in der Gesellschaft angekommen. Daher müssen wir mit der nicht mehr zeitgemäßen Tradition brechen, die bisher nur den männlichen Nachwuchs in die Pflicht genommen hat", so Bernhard Pohl in einer Pressemitteilung der Freien Wähler.