Nachgefragt beim Landratsamt Lindau Heimenkirch/Lindau 100 000 Euro soll der ehemalige Kassenverwalter des Marktes Heimenkirch von den Konten der Gemeinde und der Zweckverbände AOL und WHO genommen und in die eigene Tasche gesteckt haben. Laut Bürgermeister Rudi Janisch machte er sich seine Sachkenntnis als Bankkaufmann zunutze, um über fünf Jahre unentdeckt zu bleiben. Ingrid Grohe fragte beim Landratsamt Lindau - der überörtlichen Rechnungsprüfungsbehörde - nach, warum die Veruntreuungen nicht früher entdeckt wurden. Stellung bezog Tobias Walch, zuständiger Jurist.
100 000 Euro sind eine stattliche Summe. Kann so viel Geld so einfach unbemerkt von kommunalen Konten verschwinden? Immerhin sind das jährlich 20 000 Euro.
Tobias Walch: Bei diesen Fall wird sicher zu prüfen sein, wie im Einzelnen vorgegangen worden ist. Vermutungen will ich hierzu heute aber nicht anstellen, da es sich um einlaufendes Verfahren handelt und ich außerdem die Details nicht kenne. Allgemein muss man anmerken, dass wir hier allein in den Jahren 2002 bis 2004 von einem Gesamthaushaltsvolumen von 38 Millionen Euro sprechen..
Laut Bürgermeister Rudi Janisch bediente sich der Beschuldigte bevorzugt der Zinszahlungen, die die Banken überwiesen, ohne die Gemeinde extra zu benachrichtigen. Tauchen Zinseinnahmen nicht als zu erwartende Einnahmen im Haushalt auf?
Walch: Bei der Haushaltsplanung werden Zinseinnahmen grob in der Summe geschätzt, im Detail kann man das im Vorfeld aber nicht genau im Vorfeld festlegen, da Rücklagenmittel immer wieder zur Kassenverstärkung benötigt werden, um kurzfristige Liquiditätsengpässe auszugleichen.
Das Landratsamt hat erst kürzlich die überörtliche Rechnungsprüfung durchgeführt und dabei die Unregelmäßigkeiten offenbar übersehen. Warum?
Walch: Man muss unterscheiden zwischen Rechnungsprüfung und Kassenprüfung. Das Landratsamt hat die Rechnungsprüfung über die vergangenen neun Jahre durchgeführt. Dabei geht es zum Beispiel um Vertragsgestaltung, Grundstücksgeschäfte, gemeindliche Einrichtungen. Zielsetzung ist es dabei, die Gemeinde mit Blick auf zukünftige Vorgänge positiv zu beraten und ihr wirtschaftlichere Lösungen im Sinne eines Controlling aufzuzeigen. Eine Prüfung von Belegen findet dabei nur am Rande statt.
Der örtliche Rechnungsprüfungsausschuss einer Gemeinde sieht die Bücher meist nur stichprobenhaft durch. Ist diese Form der Kontrolle nicht Makulatur?
Walch: Es geht immer um die Frage der Zielrichtung. Auch die örtliche Rechnungsprüfung soll in erster Linie wirtschaftliche Strukturen unter die Lupe nehmen. Eine vollständige Prüfung von Belegen kann gar nicht stattfinden, sodass es letztlich eine Frage der Wahrscheinlichkeit ist, ob man auf Unregelmäßigkeiten stößt oder nicht. Grundsätzlich hat die Rechnungsprüfung jedenfalls ihre Daseinsberechtigung.
Wie können Kommunen sich vor Veruntreuung schützen?
Walch: Gegen kriminelle Energie ist man nie gefeit. Im laufenden Betrieb ist immer auf das Vier-Augen-Prinzip zu achten. Die Kassenprüfung muss so gut als möglich durchgeführt werden. Und alle Beteiligten müssen so achtsam wie möglich sein.