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Forschungsprojekt der Uni München in Allgäuer Pflegeheimen

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Forschungsprojekt der Uni München in Allgäuer Pflegeheimen

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    Forschungsprojekt der Uni München in Allgäuer Pflegeheimen
    Forschungsprojekt der Uni München in Allgäuer Pflegeheimen

    Hilfe, den alten Menschen besser zu verstehen Unterostendorf/Ruderatshofen (mab). An einem Forschungsprojekt der Technischen Universität München nimmt der Unterostendorfer Rüdiger Bauer derzeit teil. Der Fachkrankenpfleger für Psychiatrie und studierte Pflegewirt führt in fünf Altenheimen (Ruderatshofen, Kempten, Penzberg, Oberstdorf und Oy-Mittelberg) die von ihm entwickelte Beziehungspflege ein. Zur Anwendung kommt auch die so genannte Biografiearbeit. Die Untersuchung soll belegen, dass ein anderer Umgang mit den alten Menschen zu einer besseren Versorgung führt. Im Ruderatshofener Seniorenheim zum Beispiel zeigte man sich zunächst skeptisch, ist aber inzwischen begeistert von der Sache.

    Ein fiktives Beispiel: Karl Müller war sein Leben lang mit Leib und Seele Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebes. Er hatte das, was man natürliche Autorität nennt, war bei seinen Untergebenen nicht unbedingt beliebt, aber respektiert. Im Umgang mit den Menschen legte der kultivierte Herr wert auf alte Schule und Distanz. Auch nach seiner Berentung pflegte er weiter daheim, wo Hauspersonal gang und gebe war, seinen Lebensstil, trank englischen Tee, verfolgte mit Akribie Börsenkurse. Im Alter von 81 Jahren wurde bei Karl Müller dann aber eine rasch voran schreitende Demenz (Altersverwirrtheit) diagnostiziert und weil es daheim 'nicht mehr ging', kam der Senior ins Altenheim. Dort kümmerte man sich mit viel Freundlichkeit um den alten Mann. Doch das bemühte Verhalten der Pflegerinnen ('Na, lieber Herr Müller, wollen Sie auch ein bisschen Mensch-ärgere-Dich-nicht mit uns spielen') schien den Herrn stets zu verdrießen. Auch an angebotenen Bastelarbeiten zum Zeitvertreib wollte er nie teilnehmen. Als eine Schwester ihn eines Tages freundlich herzen wollte, begann der Mann plötzlich zu kratzen und zu schimpfen und galt von dem Tag an als undankbarer alter Grantler.

    Mit so genannter Beziehungspflege und Biografiearbeit hätte die Versorgung von Karl Müller anders verlaufen können. Das betont der Unterostendorfer Rüdiger Bauer, der das Konzept der 'Beziehungspflege' entwickelt hat. Bauer war früher Bildungsreferent beim Verband der bayerischen Bezirke in Irsee, bevor er 2003 in Unterostendorf sein Institut für Individualökonomie eröffnete. Gemeinsam mit Günter Kreuzpaintner (Würzburg) führt er derzeit die neue Arbeitsweise an fünf Einrichtungen in der Region ein. 'Wichtig ist es, sich die Lebensläufe der alten Menschen anzusehen und sich entsprechend auf sie einzustellen', sagt Bauer. Einen 'Chef' sollte man, auch wenn er dement und natürlich kein Chef mehr ist, nicht kumpelhaft herzen. Trotz der Altersverwirrtheit bleiben viele Grundstrukturen der Persönlichkeit noch längere Zeit stabil. Welchen Grund hat nun das Personal, sich auf solche Marotten von Patienten einzustellen? 'Ganz einfach', so Bauer. 'Die Patienten sind dann zufriedener, machen teils weniger Arbeit, der Verlauf der Krankheit wird positiv beeinflusst. Und dadurch entsteht beim Personal weniger Unzufriedenheit, selbst Ausfallstage beim Personal gehen zurück.' Das zeichne sich bereits jetzt schon in den Altenheimen ab, in den Bauer die Beziehungspflege einführt.

    'Zunächst eher skeptisch'

    Im privaten Seniorenheim Eger in Ruderatshofen beispielsweise war man zunächst eher skeptisch, was die Einführung von Beziehungspflege und Biografiearbeit bringen soll. 'Doch dann stellten sich wirklich gute Ergebnisse ein', so Pflegedienstleiter Stefan Eger. Eine ältere Dame habe ein ganzes Jahr lang kaum mehr ein Wort gesprochen. Im Rahmen der Biografiearbeit erkannte das Personal, dass die Frau Vertriebene ist und legte der Seniorin Bilder ihres Heimatortes vor. 'Seitdem spricht die Frau wieder, das war für uns kaum zu glauben', so Eger. Auch das Personal profitiere von dieser Entwicklung. Stimmung und Motivation bei den Beschäftigten habe sich gebessert.

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