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Forschung im Westallgäu: zur Bronzezeit dichter besiedelt als man denkt

Günstige Lage

Forschung im Westallgäu: zur Bronzezeit dichter besiedelt als man denkt

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    Bronzezeit (Symbolbild).
    Bronzezeit (Symbolbild). Foto: kerttu

    Das Westallgäu war in der Region um die Stadt Leutkirch bereits in der Bronzezeit vor mehr als 3.000 Jahren dichter besiedelt als bislang angenommen. Das ergaben jüngste Arbeiten eines Forschungsteams der Universität Tübingen. "Der Umfang der bronzezeitlichen Besiedlung, der jetzt deutlich wurde, verändert unser ganzes Bild von der Region zu dieser Zeit", sagt Benjamin Höpfer, Doktorand an der Univeristät. "Das prähistorische Allgäu war keineswegs menschenleer", so Höpfer. "In der Bronzezeit dürfte es – ähnlich wie heute – viele einzelne Höfe und einige kleine Dörfer gegeben haben.“

    Kiesige Böden, feuchtes Klima und harte Winter

    Dabei sei die Region mit feuchtem Klima und langen harten Wintern kein besonders günstiger Siedlungsraum gewesen, so das Team. Die angrenzenden Gebiete im Norden und Westen seien wärmer gewesen und hätten über bessere Böden verfügt. Im Westallgäu hätten die schmelzenden Gletscher hingegen kiesige Böden hinterlassen. Warum aber entschieden sich die Menschen der Bronzezeit für ein Leben an einem kalten, nassen Ort auf steinigem Boden?

    Handelsrouten für Kupfer, Zinn und Bernstein verlaufen durchs Allgäu

    Das habe mit der günstigen Lage des Allgäus zwischen Alpen, Donau, Iller, Rhein und Bodensee zu tun – allesamt wichtige Verkehrsadern, so das Forschungsteam. Das Westallgäu habe eine Brücke im europäischen Wirtschaftsraum der Bronzezeit dargestellt. "Selbst die Alpen waren nicht nur ein Hindernis, sondern auch eine wichtige Handelsdrehscheibe", erklärt Höpfer. Der Fernhandel sei damals immer wichtiger geworden. Dabei hätten die Flusstäler als Wegstrecken und Höhenzüge als Orientierungspunkte eine wichtige Rolle gespielt. Im ganzen Alpenvorland gibt es an Flüssen und Seen viele Fundstellen, an denen auch Importwaren nachgewiesen wurden. Beispielsweise Kupfer aus den Ostalpen, Zinn aus Cornwall für die damaligen Bronzelegierungen, aber auch Bernstein. Diese und viele andere Rohstoffe wurden entlang der im Allgäu verlaufenden Routen gehandelt. Neu sei, dass im Westallgäu parallel dazu nun auch eine dauerhafte bäuerliche Besiedlung nachgewiesen wurde. 

    Technischer Fortschritt in der Bronzezeit

    Gleichzeitig sei die Bronzezeit ein Zeitalter großer technischer Innovationen gewesen, betont Höpfer. Die Metallbearbeitung lieferte neue Werkzeuge. Die Bronzesichel erleichterte den Bauern, nicht nur Getreide, sondern auch Stroh und Heu zu ernten. Diese wurden an Tiere verfüttert, die Milch, Fleisch, Häute und Wolle lieferten. Kreuzungen führten zu neuen, widerstandsfähigeren Getreidesorten wie etwa Dinkel und zu Tieren, die sich an härtere Bedingungen anpassen konnten. All dies machte das Leben auch im Westallgäu attraktiver. Mit ihrer Arbeit investierten die Menschen in das Land, um an einer wichtigen Handelsroute leben zu können. "Sie akzeptierten nicht nur passiv, was die Natur ihnen bot. Das verändert unser Bild von den prähistorischen Menschen.“ Das Allgäu ist bisher auf der archäologischen Landkarte weitgehend leer geblieben. "Das ist auch darauf zurückzuführen, dass die Region weit entfernt von den Universitäten und den zuständigen Denkmalschutzbehörden liegt. Es wurde weniger gegraben, und Baustellen, bei denen oft archäologische Überreste freigelegt werden, konnten weniger gut beaufsichtigt werden als andernorts", erklärt Höpfer. Gerade in Zeiten des anhaltenden Baubooms gäbe es noch viel zu entdecken. "Wir haben nur an der Oberfläche gekratzt", sagt er.

    Seit 2017 Ausgrabungen bei Leutkirch

    Das Forschungsteam führt seit 2017 Ausgrabungen bei Leutkirch durch, die unter anderem eine befestigte Bergkuppe zutage brachten; Grabhügel markieren ein zugehöriges Gräberfeld, und im darunter liegenden Tal befanden sich weitere Siedlungen. Bodenanalysen zeigten weit verbreitete Erosion in dieser Zeit, was darauf hindeutet, dass um 1500 v. Chr. Wälder abgeholzt wurden, um Nahrung für eine Bevölkerung beträchtlicher Größe anzubauen.

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