Memmingen (kth). Nach 36 Jahren endete die Flucht vor der deutschen Justiz: Das Landgericht Memmingen hat nun einen 59-jährigen Türken wegen Vergewaltigung zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt. 1970 hatte der jetzt in Österreich lebende Mann mit einem Bekannten ein 14-jähriges Mädchen im Auto zwischen Memmingen und Neu-Ulm brutal vergewaltigt. Die Täter hatten das aus Österreich stammende Opfer in München angesprochen und ihm zugesagt, es mit dem Auto in seinen Heimatort zurückzubringen. Stattdessen fuhren sie mit dem ahnungslosen und gutgläubigen Mädchen nach Memmingen, ließen dort einen weiteren Mitfahrer aussteigen und begingen in einem Waldstück die Tat. Durch Zufall konnten die Täter 1973 ermittelt werden, ein Jahr später verurteilte das Memminger Landgericht die beiden zu einer Haftstrafe von einem Jahr und 10 Monaten. Während der eine die Strafe verbüßte, gelang dem anderen Täter die Flucht aus der Haft. Er setzte sich in die Türkei ab. Im Jahre 1983 kam es zur Verhandlung vor einem türkischen Gericht. Da nach dortigem Recht die Tat bereits verjährt war, wurde der Angeklagte frei gesprochen. Zwischenzeitlich hatte der Mann seinen Wohnsitz nach Österreich verlegt, war kurzzeitig wieder in seinem Heimatland gewesen und wurde im September dieses Jahres beim Besuch des Bruders in Liechtenstein festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert.
Internationale Haftbefehle Für die 1. Strafkammer des Memminger Landgerichts sei dies mit Blick auf die Tatumstände, die Massivität des Vorgehens und die Zeitabläufe ein außergewöhnlicher Fall, betonte der Richter. Nach deutschem Recht wäre die Tat nach 20 Jahren verjährt gewesen. Durch zwei zwischenzeitlich erlassene internationale Haftbefehle hat die Frist jedoch immer wieder von vorn begonnen, so dass letztendlich die Höchstdauer von 40 Jahren entstanden sei.
Tat gestanden Das uneingeschränkte Geständnis des schwer kranken Angeklagten sei die Voraussetzung für das milde Urteil gewesen, hieß es in der Verhandlung. Dadurch konnte der Geschädigten ein Erscheinen vor Gericht erspart werden. Zudem habe sich der Angeklagte in den 36 Jahren seit der Tat keine strafbaren Handlungen zu Schulden kommen lassen. Das Urteil wurde im Einvernehmen mit der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft getroffen.'Es wäre für meinen Vater und die Familie besser gewesen, wenn er die Strafe damals abgesessen hätte. So lebte er in ständiger Furcht', meinte der Sohn des heute 59-Jährigen, der die Verhandlung in Memmingen verfolgte.