"Die Kinder sind fitter, weniger anfällig für Krankheiten und sie lernen schnell ein Miteinander". So fasst Barbara Bindner-Wildner ihre Erfahrungen im Waldkindergarten Neuravensburg zusammen. Im Hauptausschuss des Lindenberger Stadtrates schilderte die Leiterin die Arbeit in dem Kindergarten. Hintergrund sind Überlegungen, auch im Westallgäu einen Waldkindergarten einzurichten.
Seit 1995 besteht der Waldkindergarten in Neuravensburg. Er hat zwei Gruppen mit 15 bis 20 Buben und Mädchen und ist in einen regulären Kindergarten integriert. Die Eltern zahlen den gleichen Beitrag wie in normalen Gruppen. Die Nachfrage ist groß: fast wöchentlich habe sie Anfragen von Eltern aus der bayerischen Nachbarschaft, schilderte Bindner-Wildner.
Bauwagen für jede Gruppe
Von 8.30 bis etwa 12 Uhr sind die Kinder täglich im Wald, außer bei Gewitter oder während, beziehungsweise nach Stürmen. Kälte und Regen sind für die Buben und Mädchen kein Problem. "Man kann den Kindern viel zumuten. Sie haben Spaß dabei", sagte Bindner-Wildner. Bei hohem Schnee weichen die Gruppen aus oder gehen auch mal Rodeln. Als Rückzugsmöglichkeit hat jede Gruppe einen eigenen Bauwagen im Forst.
In Neuravensburg hat man mit dem Waldkindergarten positive Erfahrungen gesammelt. Die Kinder seien nicht nur weniger krankheitsanfällig und körperlich leistungsfähiger. Barbara Binder-Wildner hält das Konzept auch aus anderen Gründen für sinnvoll. So lernten die Kinder im Wald ein ausgeprägtes Miteinander. "Wir orientieren uns am schwächsten Glied. Wenn er oder sie nicht mehr kann, wird Rücksicht genommen", nannte sie ein Beispiel.
Überzeugendes Konzept
Vom Konzept eines Waldkindergartens zeigten sich die meisten Räte überzeugt. Nicht so klar ist das Meinungsbild bei der Frage, ob eine Waldgruppe in der aktuellen Diskussion um den Bau einer Kinderkrippe helfen kann. Die Grünen hatten einen Waldkindergarten ins Spiel gebracht, um eine "normale" Gruppe auflösen und den Platz für eine Krippe nutzen zu können.
Ganz ohne Bleibe in einem festen Haus kommt aber zumindest der Waldkindergarten in Neuravensburg nicht aus. Morgens vor dem Gang in den Wald und mittags sammeln sich die Kinder in der Einrichtung. Zwei Gruppen teilen sich dabei einen Raum. In den Augen von Thomas Kühnel, der das Thema über einen Antrag in den Ausschuss gebracht hatte, ließe sich dafür aber der Multifunktionsraum am Waldsee nutzen. Mit dem "Grünen Klassenzimmer" stehe dort eine weitere Fläche im Freien zur Verfügung.
Die Träger der Lindenberger Kindergärten, katholische und evangelische Kirche, sind dem Thema nicht grundsätzlich abgeneigt, sie verwiesen aber auf offene Fragen. Stadtpfarrer Leander Mikschl nannte die Kosten, die der stärkere Personaleinsatz in einem Waldkindergarten mit sich bringe.
Sein evangelischer Kollege Martin Strauß wünscht sich eine Erhebung, ob es Interesse bei den Eltern gibt und wie sich die Kinderzahlen weiter entwickeln. "Wir tasten da im Nebel".
Barbara Binder-Wildner regte eine Projekt mit Beteiligung beider Träger an, sollten katholische und evangelische Kirche trotz eines möglichen Interesses von Eltern eine Waldgruppe nicht allein auf die Beine stellen können. (pem)