im Schein von 82 Lichtern Sehenswertes 'Heiliges Grab' in der Kirche Niedersonthofen Von Rudolf Geiss Waltenhofen-Niedersonthofen Die Pfarrkirche Niedersonthofen ist zu Beginn der Kartage in magisches Dunkel gehüllt. Aber während der Liturgie am Karfreitagnachmittag, wenn Leiden und Tod des Herrn gefeiert werden, strahlt es im Chorraum. Vor dem barocken Hochaltar erhebt sich ein stattlicher, fast 100 Jahre alter Aufbau mit einer Figur des toten Heilandes im Schein von 82 Lichtern: das 'Heilige Grab'.
Der Brauch, durch die plastische Darstellung der Karereignisse Passion und Auferstehung im wahrsten Sinn des Wortes anschaulich zu machen, geht auf das späte Mittelalter zurück. In der Barockzeit bekamen die beweglichen 'Heiligen Gräber' die Form eines imponierenden Bühnenbildes: Der Grabesfelsen war geöffnet, so dass der Besucher unmittelbar vor dem im Grab liegenden Christus seine Andacht vollziehen konnte. Vor allem im südlichen deutschen Sprachgebiet kam festlicher Schmuck hinzu. Das Licht der Kerzen wurde durch 'Grabkugeln' (mit gefärbtem Wasser gefüllte Glaskugeln) gedämpft.
Schöpfer ein Münchner Architekt
Durch die liturgischen Reformen der fünfziger und frühen sechziger Jahre verschwand der Brauch in den meisten Kirchen, wurde aber inzwischen hier und dort wiederbelebt. In Niedersonthofen gab es keine Unterbrechung. Der gegenwärtige Aufbau stammt aus dem Jahre 1906 und wurde von dem bekannten Münchner Architekten Anton Josef Müller geschaffen. Mit der Eisenbahn beförderte man die Teile bis zum Bahnhof Oberdorf und verlud sie dann auf Pferdefuhrwerke. Gestiftet hatte das Werk die Witwe Mathilde Weisenbach, ein Mitglied der örtlichen Papiererfamilie Weitenauer. Ihr Bruder Cornel, später Wirt 'Zur Goldenen Krone', hatte bis 1863 die Papiermühle bei Niedersonthofen betrieben.
Mit Engeln und Wächtern belebt
In einem breiten Felsenaufbau aus Rupfen, verstärkt mit Gips, liegt die Grabesnische, in die am Karfreitag eine Figur des toten Christus gelegt wird. Flankiert wird der Leichnam von zwei großen Engeln mit Leuchtstäben, sitzende Soldaten 'bewachen' ihn. Ein neugotisch gestalteter Tabernakel im Strahlenkranz, gesäumt von anbetenden kleinen Engeln, nimmt nach der Karfreitagsliturgie die zur Anbetung ausgesetzte Monstranz auf. Das Antependium vor der Grabesnische ist mit gemalten Symbolen von Leben und Tod geziert.
'Die Leute hängen sehr an dem Brauch', berichtet Pfarrer Josef Albrecht. Ein Trupp von Ministranten und erwachsenen Helfern hat die einzelnen Teile aus Pfarrheim und Mesnerhaus bereits herbeigeschafft und in der Kirche aufgebaut.
Nach Prof. Dr. Peter Rummel, dem Augsburger Bistumshistoriker, sprechen die Heiligen Gräber 'nicht nur den Verstand, sondern das Herz an, am Bild des heiligen Leichnams über die Vergänglichkeit des eigenen Daseins und den Tod und die Auferstehung Christi nachzudenken'. Die Wiederentdeckung dieses Brauches auch in einer Reihe von Allgäuer Pfarrgemeinden stelle 'eine Ehrenrettung der Volksfrömmigkeit' dar.