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Feuerbrand nach wie vor "besorgniserregend"

Westallgäu / Lindau

Feuerbrand nach wie vor "besorgniserregend"

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    Feuerbrand nach wie vor "besorgniserregend"
    Feuerbrand nach wie vor "besorgniserregend" Foto: matthias becker

    Exakt vor zehn Jahren wurde in Scheidegg eine Birnbaumallee mit 17 Bäumen gefällt. Sie waren vom Feuerbrand befallen. Die neue Pflanzenkrankheit wurde damals als große Bedrohung empfunden - vor allem für den Streuobstbau. Obwohl das Thema im öffentlichen Bewusstsein nicht mehr so präsent ist, hat es nichts an Brisanz verloren, wie wir von Kreisbauernobmann Helmut Jäger erfuhren, der vom Erwerbsobstbau lebt.

    Herr Jäger, vor rund zehn Jahren breitete sich der Feuerbrand rund um den Bodensee aus. Damals befürchteten viele, diese Obstbaumseuche könnte unsere Landschaft verändern. Ist dies eingetreten?

    Helmut Jäger: Ja, das ist eingetreten. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Feuerbrand im Landkreis flächendeckend vorhanden ist.

    Wie sieht man das in der Landschaft?

    Jäger: Es stehen erheblich weniger Hochstämme herum, vor allem Birnbäume. Und die Zahl der Obstgärten hat abgenommen.

    Wie konnte sich die Baumkrankheit dermaßen ausbreiten?

    Jäger: Der Klimawandel spielt dabei eine wesentliche Rolle. Am Anfang glaubte man noch, Hergensweiler sei die Grenze. Dann ist man ganz erschrocken, als der Feuerbrand auch in Scheidegg und am Pfänder aufgetreten ist. Das liegt daran, dass inzwischen auch in höheren Regionen die Frühlingstage erheblich wärmer sind. Und der Feuerbrand verbreitet sich in der Blütezeit. Die Blüten sind wie offene Wunden, durch die der Erreger eindringen kann. Und zusätzlich stehen wir vor dem Problem: Was sollen wir nachpflanzen?

    Es gibt also keine resistenten Obstsorten?

    Jäger: In der Obstbauschule Schlachters ist man intensiv daran, widerstandsfähige Sorten herauszufinden. Das wird jetzt vom Interreg-Programm unterstützt, also einer Zusammenarbeit von Bayern, Baden-Württemberg, Vorarlberg und der Schweiz.

    Muss der Erwerbsobstbau Einbußen hinnehmen wegen des Feuerbrands?

    Jäger: Ja, natürlich. Wer vom Obstbau leben muss, spürt das deutlich. Ich hab alleine in diesem Jahr schon 150 Birnenbäume rausgerissen. Im Prinzip musst du wöchentlich durch die Anlagen gehen. Und sobald du was siehst, muss das raus, sonst breitet er sich aus. Es ist schon besorgniserregend.

    Wie schützen sich die Erwerbsobstbauern?

    Jäger: Im Erwerbsobstbau darf noch mit Antibiotika gearbeitet werden. Das soll aber längerfristig abgebaut werden. Wir sind selbst nicht interessiert daran, diese Stoffe zu spritzen, haben aber noch keine Alternative. Die Vorgaben für die Behandlungen sind sehr streng: Man muss einen Antrag beim Amt für Landwirtschaft stellen, die Flächen angeben. Das Medikament erhalten wir wie auf Rezept. Die Menge und der Verbrauch werden genau dokumentiert und vom Amt kontrolliert. Bevor die Behörde einen Aufruf zur Behandlung herausgibt, errechnet sie genau Wärme und Feuchtigkeit, um die Infektionsgefahr festzustellen.

    Wird auch das Roden von Bäumen vorgeschrieben?

    Jäger: Rund um den See ist man sich einig, dass es vor allem um den Schutz des Erwerbsobstbaus geht. Das bedeutet, Rodeanordnungen gibt man nur in einem Umkreis von 500 Metern Radius rund um Erwerbsobstflächen heraus.

    Wie sehen Sie die Zukunft? Ist dem Problem irgendwie beizukommen?

    Jäger: Es gibt im Prinzip zwei Möglichkeiten: Erstens die Züchtung von widerstandsfähigen Sorten. Da ist man dran, aber es ist ein langwieriges Geschäft. Und dann die Behandlung befallener Bäume. Die Forschung sucht nach anderen Stoffen, damit auf Antibiotika verzichtet werden kann. Heuer wurde erstmals ein Präparat getestet, das nicht auf Antibiotika sondern auf Desinfektionsmittelbasis aufbaut. Bis das eingesetzt werden kann, muss es aber noch umfangreich getestet und zugelassen werden. Das dauert.

    Mit Aufklärung wird seit vielen Jahren versucht, die Seuche einzudämmen. Sind die Obstbaumbesitzer in der Region denn inzwischen sensibel für das Problem?

    Jäger: Ja, es ist besser geworden. Aber die Aufmerksamkeit genügt noch nicht. Für einen Privatgartenbesitzer ist es halt nicht so leicht, einen Baum zu fällen. Oft ist es aber einfach notwendig, einen einzelnen zu fällen, damit nicht viele andere befallen werden.

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