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Festnahme direkt vor dem Gefängnistor

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Festnahme direkt vor dem Gefängnistor

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    Kempten (se). - Endlich in Freiheit wähnte sich Raghbir Singh, als sich die Gefängnistore für den Inder nach monatelanger Abschiebehaft öffneten. Doch die Freude währte nur kurz. Vor der Vollzugsanstalt in der Weiherstraße warteten bereits Beamte, die ihn sofort wieder festnahmen. In den Augen von Singhs Anwalt 'reine Schikane'. Von den Behörden 'verfolgt' fühlt sich mittlerweile Silvia Glas, die seit Monaten um ihre Hochzeit mit dem 27-Jährigen kämpft (AZ berichtete). Das Ausländeramt verteidigt sein Vorgehen. Aus Sicht von Rechtsanwalt Klaus-Dieter Maier lag die Behörde allerdings in den vergangenen Wochen mehrfach falsch. So habe er beispielsweise gefordert, die Abschiebehaft nach insgesamt 18 abgesessenen Monaten zu beenden - 'wie dies auch höchstrichterlich in anderen Fällen entschieden wurde'. Doch das Ausländeramt habe sich quer gestellt. Amts- und Landgericht wurden zum wiederholten Mal bemüht - 'letztlich wurde doch die Freilassung angeordnet', erläutert Maier. Mit dieser Anordnung ist die Stadt nach Maiers Darstellung ebenfalls nicht korrekt umgegangen: 'Unverzüglich entlassen' habe der entscheidende Passus gelautet, eine Durchschrift ging in seiner Kanzlei per Fax um 16.28 Uhr ein. 'Da muss es möglich sein, die richterliche Anordnung noch am gleichen Tag umzusetzen', schimpft Maier. Doch es sollte fast bis zum nächsten Mittag dauern, bis Singh tatsächlich frei war. Und wie kam es dann zur neuerlichen Verhaftung? Die Ausländerbehörde hatte laut Leitendem Oberstaatsanwalt Herbert Pollert telefonisch Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet und zwar weil Singh sich durch die Verwendung eines Aliasnamens der 'mittelbaren Falschbeurkundung' schuldig gemacht habe. Fernmündlich und per Fax teilte das Amt auch der Polizei den bevorstehenden Entlassungstermin mit. Wie sich nach hektischen Telefonaten zwischen Singh, Maier und der Staatsanwaltschaft herausstellte, war der Inder wegen dieses Delikts aber längst belangt worden. In den Akten fand sich dazu ein Einstellungsbeschluss. Der Staatsanwalt sah daraufhin keinerlei Grund mehr, Singh weiter festhalten zu lassen. 'Wir haben eben mitgeteilt, was wir dachten, was gegen den Mann noch vorliegt', sagt dazu Konrad Pfister, Leiter des Ausländeramts.

    Banges Warten auf das Urteil Einer Vereinbarung zwischen Ausländerbehörde und Rechtsanwalt zufolge wird Singhs Aufenthalt in Kempten nun bis auf weiteres geduldet. Abgewartet wird ein Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts, das entscheiden muss, ob das Kemptener Standesamt die Ehe zwischen dem rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber und seiner 41-jährigen Partnerin schließen muss. Anfang nächster Woche könnte der Richterspruch ergehen, meint Anwalt Maier. 'Wir bangen und hoffen', sagt die verzweifelte Silvia Glas. Das Schicksal von Glas und Raghbir Singh beschäftigt mittlerweile viele Kemptener, beispielsweise auch Elisabeth Brock von der Frauenliste. In einem Schreiben appellierte sie an den Oberbürgermeister, für das Paar 'einen Ausweg aus seiner menschenunwürdigen Lage zu suchen.' Singh habe zwar mit der Verschleierung seiner Identität dazu beigetragen, dass die 'bürokratischen Heiratshindernisse' so hoch geworden seien. Diese Fehler habe er aber nach Brocks Ansicht inzwischen abgebüßt.

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