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Faszinierende Tiefe - aber der Charme ratternder Filmrollen fehlt

Kino

Faszinierende Tiefe - aber der Charme ratternder Filmrollen fehlt

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    Faszinierende Tiefe - aber der Charme ratternder Filmrollen fehlt
    Faszinierende Tiefe - aber der Charme ratternder Filmrollen fehlt Foto: christian steinmã¼ller

    Oberallgäu/Sonthofen/Immenstadt Als Papagei durch den Dschungel oder über den Zuckerhut fliegen: Mittendrin statt nur davor fühlt sich der Kinobesucher, wenn er sich vorher eine Plastikbrille auf die Nase geschoben hat. Der 3D-Effekt zieht den Zuschauer in den Film hinein. "Ein anderes Tiefenerlebnis", beschreibt Christian Faste, Vorführer in der Filmburg Sonthofen, die Faszination. Hier startete zu Ostern die "3D-Ära" im südlichen Oberallgäu mit dem Animationsfilm "Rio" und den Abenteuern des Papageis "Blu". Im Union-Filmtheater in Immenstadt hielt die neue Technik in der vergangenen Woche Einzug - bei Wim Wenders Tanzfilm "Pina" war das Publikum begeistert.

    Florian Stiglhofer, Chef des Kurfilmtheaters in Oberstdorf, will die "dritte Dimension" im Sommer einführen. "Nicht mehr der Hype wie am Anfang, aber dennoch ein Thema", sagt er. "Im Moment nicht", heißt es dagegen im "Cinecenter" einige Straßen weiter. Geschäftsführer Manfred Sohler äußert sich zurückhaltend: Die Umstellung auf eine neue Technik sei derzeit nicht geplant. "Bis jetzt nicht vorgesehen", sagt auch Alfred Wittwer vom gleichnamigen Filmtheater in Bad Hindelang mit Hinweis auf die "gewaltigen" Investitionen. Wobei nicht die Polarisationsscheibe für die 3D-Effekte die hohen Kosten verursacht, sondern die Umstellung auf digitale Projektoren, wie Ildikó Seitz vom Union-Filmtheater erklärt.

    Die Digitalisierung begann etwa zur Jahrtausendwende, berichtet Christian Faste vom Kino Sonthofen. Man habe erkannt, dass die Qualität im Kino nicht mehr so gut wie zu Hause sei - mit einer Technik, die immerhin über hundert Jahre alt sei. So seien durch die mechanische Abnutzung einer Filmkopie Laufstreifen und Unschärfen entstanden. Warum die Filmburg gerade jetzt auf die neue Technik umgestiegen ist, erklärt Faste gern: "Man kann gar nicht anders." Die nächsten großen Filme werden in 3D angeboten wie etwa "The Pirates of the Caribbean 4", der in Sonthofen und Immenstadt angelaufen ist. "Würden wir den Film in 2D zeigen, würden die Leute woanders hinfahren", sagt Faste.

    Faste glaubt, dass die großen Filmverleihe in fünf bis zehn Jahren keine 35-mm-Filmrollen mehr anbieten. Denn für den Verleih sind die Kopien auf Zelluloid wesentlich teurer als das Speichern auf einer Festplatte. Und Festplatten mit einem Gewicht von etwa einem Kilogramm sind wesentlich leichter als die rund 25 Kilo schweren Filmrollen, so der Kinoexperte. Darüber freut sich auch Ildikó Seitz, die nun nicht mehr täglich mehrmals die Spulen über Kopf auf den Spulenturm wuchten muss. "Das geht aufs Kreuz", sagt sie und seufzt.

    Jetzt stehe statt des Turms ein "Riesencomputer mit einem Riesenbeamer" im Vorführraum, so Seitz. Der Inhalt der Festplatte wird auf den Server geladen und der Film per Knopfdruck gestartet.

    Abnutzungserscheinungen gibt es nicht: "Die Qualität ist in der sechsten Woche genauso wie am ersten Tag", sagt Filmvorführer Faste, der ein bisschen den alten Zeiten nachtrauert. "Der Charme ist weg: das Rattern der Filmrollen." Aber als Kinobesitzer Manfred Deidl und seine Crew mit einem Trailer das erste Mal die neue Technik getestet haben, hieß es nach fünf Minuten: Alles klar. "Die Bildqualität entschädigt", sagt Faste. Er ist auch stolz darauf, dass im Sonthofer Kino mit größtmöglicher Lichtleistung gespielt wird - um die "Verdunkelung" durch Brille und 3D-Technik zu kompensieren. Dennoch wird es in Sonthofen und auch in Immenstadt weiterhin einen "alten Projektor" geben: für ältere Filme, die in Schul- oder Sondervorstellungen gezeigt werden.

    Neues in alter Umgebung: Neben Sonthofen hat auch im Union-Filmtheater in Immenstadt die 3D-Technik Einzug gehalten (linkes Bild mit Betreiber Karl Seitz). Statt mit Filmrollen werden die digitalen Projektoren nun mit Festplatten bestückt. Für mehr Tiefe braucht es dann nur noch Brillen, mit denen man - wie schon die Schüler des Sonthofer Gymnasiums - in die dritte Dimension eintauchen kann (rechtes Bild, Filmburg Sonthofen). Foto: Christian Steinmüller/Veronika Krull

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