Meisterprüfung mit 'Umweg' über Cùte d´Azur legal umschifft Lindau/Westallgäu (enz). Der im Dezember 2001 wegen Schwarzarbeit mit einem Bußgeldbescheid in Höhe von 7670 Euro belegte Handwerker tat sich vor Gericht ungemein schwer, ehe er seinen Einspruch zurückzog. Späte Einsicht: 'Ich habe einen Fehler gemacht und bin zu früh gestartet..
Hinter dem langwierigen Ordnungswidrigkeitsverfahren verbirgt sich ein interessanter Fall. Um die kostenträchtige Meisterprüfung in Deutschland zu umgehen, verwirklichte der sich selbstständig machen wollende Maler und Lackierer eine pfiffige Idee: Er gründete im April 1997 an der französischen Cùte d´Azur einen Malerbetrieb, um nach drei Jahren die so genannte 'Ausländerregelung' in Anspruch nehmen zu können. Demnach dürfen nicht nur EU-Ausländer, sondern auch deutsche Staatsbürger ohne Meisterprüfung einen eigenen Betrieb in Deutschland führen. Voraussetzung: Sie müssen mindestens drei Jahre lang im EU-Ausland ununterbrochen selbstständig gewesen sein. Im Frühjahr 2000 kehrte der Maler an den Bodensee zurück und wähnte alles in Butter. Die Vorlage einer Bescheinigung über einen Eintrag in die französische Handwerksrolle allein reichte jedoch für die Ausnahmebewilligung nicht aus. So vermisste die Handwerkskammer die Bestätigung über eine 'ununterbrochene' Tätigkeit in Frankreich. Während sich das Genehmigungsverfahren hinzog, konnte der Handwerker offenbar seinen Start als Selbstständiger nicht abwarten. Am 22. Mai 2001 passierte das Malheur: Beamte des Hauptzollamtes Lindau trafen bei der Kontrolle einer Baustelle den voreilig 'Selbstständigen' bei Malerarbeiten an. Drei Monate später wurden bei einer Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume Rechnungen sichergestellt, die sich auf Maler- und Lackiererarbeiten für Kunden im Bodenseeraum bezogen. Für die Ordnungswächter ein klarer Fall: Dienst- und Werkleistungen in erheblichem Umfang, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein.'Mein Mandant ist zu blauäugig ans Werk gegangen', bemerkte der Anwalt des Handwerkers, dem zwischenzeitlich die Regierung Schwaben mit Datum vom 25. April 2002 die Ausnahmebewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle und demnach die selbstständige Berufsausübung erteilt hat. Natürlich darf er sich nicht Malermeister nennen - ebenso ist ihm verwehrt, Leute auszubilden. Richter Thomas Walter wunderte es, dass seinerzeit der Betroffene seine Briefköpfe und sein Auto mit dem Logo 'Euro-Maler' schmückte und damit augenscheinlich den Argwohn von Behörden weckte. Die Höhe der Geldbuße sei unangemessen, beklagte sich der Handwerker, worauf ihm der Richter widersprach. Das Gericht gehe hinsichtlich der Schwarzarbeiten von einer Gewinnabschöpfung im untersten Bereich aus und erachte die Bußgeldhöhe als gerechtfertigt. Den weiteren Einwand, dass sich die Rechnungen im Wesentlichen auf subunternehmerische Leistungen und nur zum geringen Teil auf Malerarbeiten bezogen hätten, verstimmte den Richter: 'Ich lade die Kunden zur Anhörung vor Gericht. Vermutlich haben Sie danach keine mehr, weil sich auch die Auftraggeber von Schwarzarbeit strafbar machen.''Ich ziehe meinen Einspruch zurück', meinte der Angeklagte schließlich. Begründung des Anwalts: 'Er hatte die Wahl, sich zwischen einem kleinen und einem womöglich größeren Übel zu entscheiden.'