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Etwas Besonderes zu sein, ist ein schönes Gefühl

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Etwas Besonderes zu sein, ist ein schönes Gefühl

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    Von Simone Schmid, Kempten - Selbstbewusst und kein bisschen schüchtern sind sie alle. Und das müssen sie auch sein. Denn wer in einer traditionellen Bubenschule akzeptiert werden will, für den darf Mut kein Fremdwort sein - besonders wenn es sich um Mädchen handelt. Seit September vergangenen Jahres nimmt die ehemalige Kemptener Knabenrealschule, jetzt Staatliche Realschule an der Salzstraße, auch Mädchen auf. 'Etwas Besonderes zu sein, ist ein schönes Gefühl', beschreibt Alica. Und das sind die 29 Mädchen unter den rund 730 Schülern. Die 14-Jährige sitzt als 'Henne im Korb' unter lauter Buben in der achten Klasse, fühlt sich dabei aber sichtlich wohl. 'Die Burschen halten mir meistens die Türe auf oder kommen an meinen Tisch, um über schwierige Aufgaben zu reden', erzählt Alica. 'Sie hat eben schon ihre Gefolgschaft', meint Benedikt und wird nach einem Lachen deutlicher: 'Viele stehen auf sie.' Der 15-Jährige und seine Kumpels hoffen sogar, dass im kommenden Schuljahr noch mehr Mädchen an ihre Schule kommen: 'Es ist einfach lustiger.'

    'Rumgezicke' gibt's hier nicht Auch Alicas Freundin Katrin bereut ihre Entscheidung, auf eine von Buben dominierte Schule zu gehen, nicht einen einzigen Tag. 'Das &po_226;Rumgezicke' wie in einer Mädchenklasse gibt's hier nicht.' Der 14-jährige Franz kann sich dagegen noch nicht damit anfreunden, dass auf einmal Mädchen in der Bank sitzt: 'Viele schwänzeln um die Mädchen herum und die Lehrer denken, wir sind eine Angeberklasse geworden.' Er glaubt, dass eine reine Bubenklasse besser war. Davon lassen sich die Mädels aber nicht ins Bockshorn jagen: 'Uns gefällt's hier prima.' Dass sich die Aufnahme von Mädchen positiv auf das Schulklima auswirkt, davon ist Direktor Hans Georg Fink nach dem ersten Halbjahr überzeugt. Weil die Mädchen von der Entwicklung zwei Jahre voraus seien und beim Lernen etwas fleißiger, strengen sich die Buben mehr an. Die Mädchen wirkten wie ein sozialer Puffer. 'Außerdem sind die Jungs jetzt gezwungen, ihren derben Ton untereinander zu ändern', sagt Fink lächelnd. Bereits 1983 stellte die Knabenrealschule den Antrag, auch Schülerinnen aufnehmen zu dürfen. Ohne Erfolg: 'Da es in Kempten zwei reine Mädchenschulen gab, wollte man auch eine reine Knabenschule behalten', erinnert sich Fink. Dem erneuten Antrag wurde schließlich stattgegeben, weil die städtische Realschule und die Maria-Ward-Realschule vergangenes Jahr keine Schüler mehr aufnehmen konnten. Bis sich die Türen auch für Mädchen öffnen durften, gab es viel vorzubereiten. Fink: 'Wir haben zwei Damentoiletten eingebaut und mussten eine Sportlehrerin einstellen, weil männliche Lehrer keine Mädchen im Sport unterrichten dürfen.' So hat sich auch für das Lehrerkollegium mit dem Einzug der Mädchen einiges geändert. Ein Liebespaar habe es an der Schule bisher einfach nicht gegeben. 'Dazu kommt, dass Mädchen in der Pubertät andere Probleme als Jungs haben. Deshalb gibt es jetzt auch eine Verbindungslehrerin', sagt Fink. Sollten Reibereien entstehen, gehen die Mädels allerdings meistens zu ihrem Direktor. 'Dem kann man einfach alles erzählen und er setzt sich für uns ein, wo er kann', loben sie ihn. Der gebürtige Pfrontener ist selbst erst seit vergangenem September Direktor der Realschule in der Salzstraße.

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