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"Es wird nie mehr gut"

Schicksalsschlag

"Es wird nie mehr gut"

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    "Es wird nie mehr gut"
    "Es wird nie mehr gut" Foto: familie buch

    5. Oktober 2009. "Es war ein ähnlich schöner Tag wie heute, vielleicht sogar ein bisschen wärmer", erzählt Joachim Buch, "am Nachmittag habe ich sogar noch die Wäsche draußen aufgehängt." Ein ganz normaler Tag? Ein Tag wie jeder andere? Alltag?

    Der damals siebenjährige Julian kommt von der Schule nach Hause. Er isst zu Mittag, macht seine Hausaufgaben, spielt mit Papa im Garten ein bisschen Fußball. Am Abend klagt er über Übelkeit und Kopfschmerzen. Lucia Buch kocht eine Kanne Fencheltee und verbringt die Nacht im Bett ihres Sohnes.

    Nicht einmal zwölf Stunden später ist er tot. Dahingerafft von einer heimtückischen Krankheit, die sich nicht als solche zu erkennen gegeben hatte: Leukämie. Die Ärzte im Buchloer Krankenhaus sind machtlos. Zwei Stunden versuchen sie, den lebenslustigen Jungen ins Leben zurückzuholen. Vergeblich. Ein sogenannter Blastenschub zerstörte den kleinen Körper. Mediziner, Familie, Freunde, Schulkameraden - alle sind fassungslos. Nichts ist mehr, wie es war, auch wenn sich die Erde weiter dreht.

    Ein gutes Jahr später. Bruder Johannes (13) macht an Julians Schreibtisch Hausaufgaben, obwohl er einen eigenen hätte. Am Esstisch steht immer noch der fünfte Stuhl. Er bleibt leer. Das erste Weihnachten ohne Julian. Silvester. Geburtstag. Erster Todestag. Das alles haben Joachim und Lucia Buch sowie die beiden Kinder Lioba (15) und Johannes (13) schon hinter sich. In dieser Zeit wurde der 47-jährigen Mutter bewusst: "Es wird nie mehr gut." Julian fehlt an allen Ecken und Enden. Aber das Leben geht weiter. Schon wegen Lioba und Johannes versuchen die Eltern, so gut es geht, zur Normalität zurückzukehren. Alltag. Aber nichts ist mehr normal, nichts selbstverständlich.

    Es tauchen immer wieder und immer mehr Fragen auf. Warum? Haben wir etwas übersehen? Einige Antworten versucht das Ehepaar in der Kaufbeurer Selbsthilfegruppe "Verwaiste Eltern" zu bekommen. Dort haben die Buchs auch erfahren, dass es keine "richtige oder falsche Trauer" gibt, sondern nur eine "individuelle Art" - und dass die Trauer nicht linear abflacht oder gar verschwindet. "Viele Fragen werden uns den Rest unseres Lebens beschäftigen", sagt das Ehepaar.

    Steine, Bilder, Kerzen

    "Immer wenn wir zum Grab kommen, ist da etwas Neues", erzählt Joachim Buch. Ein laminiertes Kärtchen der Klassenkameraden, Teddys, Kerzen, selbst gemalte Bilder, beschriftete Steine. "Das finden wir schön. Alle haben versucht und versuchen immer noch, Trost zu spenden, zu helfen. Reden ist unser Weg", so das Ehepaar.

    Seit Kurzem suchen die Buchs nach einem Grabstein und der richtigen Gestaltung des Grabes. "Aber das ist gar nicht so einfach. Es darf nicht zu abgedreht sein, aber auch nicht 08/15", sagt Lucia Buch. Es soll etwas Besonderes sein. Ein kleiner Garten mit Platz für die kleinen Figürchen und Karten. Kein steinernes Korsett. Ein Regenbogen. Eine Sonnenblume - und ein "Geigenengel". Julian hatte bereits mit fünf Jahren angefangen, Geigenunterricht zu nehmen. Sein Lieblingsstück war "Der Nachdenkliche". "Das hat zu ihm gepasst", sagt Joachim Buch. Julian wollte Fußballer werden - oder Geiger. Was wohl wirklich aus ihm geworden wäre?

    Was braucht es viele Worte?

    Lucia und Joachim Buch gehen regelmäßig zum Grab ihres Sohnes Julian auf den Buchloer Friedhof. Kerzen, Teddybären, Engel, Briefe und selbst gemalte Bilder zeigen, dass ein junger Mensch viel zu früh starb. Fotos: Claudia Goetting

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