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Erntehelfer und Hütebuaba

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Erntehelfer und Hütebuaba

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    Erntehelfer und Hütebuaba
    Erntehelfer und Hütebuaba Foto: beckmann

    Hunderttausende Dokumente schlummern im Marktoberdorfer Stadtarchiv. Hinter jedem einzelnen steckt eine Geschichte - ein Stück Ortsgeschichte. Stadtarchivarin Ursula Thamm hat schon viele ans Tageslicht gebracht. Für unsere Serie "Schatzkiste Stadtarchiv" hat sie passend zur Jahreszeit einige weitere entdeckt. Heute zum Thema "Ernte früher".

    Bis etwa zum Jahr 1965 kamen ins Allgäu vorwiegend ober- und niederbayerische Heuer und Hütebuben, um hier die Ernte einbringen und das Vieh hüten zu helfen. Für den Marktoberdorfer Raum rekrutierten sich die Arbeitskräfte oft aus der Gegend um Passau und Furth im Wald. Sie reisten mit der Bahn an und kehrten nach Beendigung der Arbeitsverhältnisse nach circa vier bis sechs Wochen wieder dorthin zurück - die Dauer richtete sich nach dem Wetter.

    Knapp 40 D-Mark im Monat

    Die Organisation sowie die Tarifbestimmungen übernahmen die Arbeitsämter. Im Jahr 1958 erhielten Hütebuben im Alter von 14 bis 16 Jahren 39,50 DM monatlich, 16- bis 18-Jährige 55,40 DM. Beim Lohn für erwachsene Helfer wurde unterschieden zwischen "perfekten Heuern", "sonstigen Heuarbeitern" und "Heuerinnen".

    Erstere verdienten 15 DM, die zweite Kategorie 12 DM und die weiblichen Arbeitskräfte 8 DM pro Tag bei "vollkommen freier Station". Begehrt waren stets die kräftigen 18-Jährigen. Sie unterlagen dem Lohn für Jugendliche, konnten aber durchaus einen erwachsenen Arbeiter abgeben. Für die An- und Rückreisekosten, für Wohnung und Kost, Krankengeld und Beiträge zur Rentenversicherung kam der Bauer auf. Hütebuben und Erntehelfer durften jedoch nicht mit Gesindearbeiten betraut werden.

    Beim Arbeitsamt beantragt

    Auch in Marktoberdorf und Umgebung wurden Erntehelfer und Hütebuben beim Arbeitsamt Kempten beantragt. Die Gemeinde Leuterschach, so erzählen die Quellen, forderte ab dem Jahr 1950 regelmäßig Erntehelfer an. Offensichtlich konnte im Jahr 1951 der Bedarf durch die Behörde nicht gedeckt werden, sodass Bürgermeister Georg Streif selbst tätig wurde.

    In einem Schreiben bittet er die Gemeinde Karlshuld bei Neuburg an der Donau um Helfer, da Unterthingau bereits mehrere Saisonkräfte von dort verpflichtet hatte: "Im hiesigen Grünlandbezirk herrscht ein katastrophaler Mangel an Arbeitskräften für die Landwirtschaft und ich möchte Sie höflichst bitten, mir für drei hiesige Bauern drei männliche und eine weibliche landwirtschaftliche Arbeitskraft zum sofortigen Antritt zu vermitteln."

    1952 forderten elf Leuterschacher Bauern Hütebuben und Erntehelfer beim Arbeitsamt an. Am 28. Mai ging der Brief einer besorgten Mutter beim Bürgermeister ein, in dem sie ihn bittet, den bei einem Bauern als Hütebuben untergebrachten Sohn wieder nach Hause zu schicken. Der Junge hatte berichtet, dass er auf dem Kanapee in der Wohnstube schlafe und als Knecht arbeite.

    Georg Streif untersuchte den Fall, lud den Bauern sowie den Hütebuben vor und schrieb der Mutter: " Ihr Sohn sagte aus, daß es ihm gut gefalle und daß er nur noch warte, wie viel Lohn er bekomme. () Sie können versichert sein, daß ich mich der Jungen, da sie ja noch Kinder sind, bei Unstimmigkeiten besonders annehme."

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