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Erinnerungen an den Papst

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Erinnerungen an den Papst

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    Von Gerlinde Schubert und Andreas Filke, Marktoberdorf /Ostallgäu - Der Papst ist tot und auch im Ostallgäu wird darüber getrauert. In den Stunden des Schmerzes werden bei einigen allerdings ganz persönliche Erinnerungen wach, so bei Marktoberdorfs Stadtpfarrer Wolfgang Schilling und bei Josef Hönle. Beide besitzen einen Rosenkranz, den ihnen Johannes Paul II. geschenkt hatte. Marktoberdorfs Kaplan Ralf Gührer erlebte die Geschehnisse rund um den Tod des Oberhirten der Katholiken direkt in Rom mit. Vor einer Woche brachen 43 Ministranten aus Marktoberdorf, Sulzschneid und Görisried mit Betreuern nach Rom auf. Niemand ahnte, dass sie ein bedeutendes Ereignis in der Kirchengeschichte miterleben sollten. Zum ersten Mal hätten sie am Mittwoch beim Besuch im Vatikan erfahren, dass es dem Papst schlecht gehe, berichtet Kaplan Gührer. Doch das Leben in der Stadt und auch das Ausflugsprogramm der jungen Kirchendiener sei normal weitergelaufen. Nur die Zahl der Journalisten rund um den Petersplatz sei immer größer geworden. Als am Freitag dann die Meldung die Runde machte, der Papst habe die Sterbesakramente empfangen, habe das auch bei den Ministranten große Betroffenheit ausgelöst. 'Schlagartig war es ruhig im Bus.' Während die Kinder und Jugendlichen über Assisi den Weg ins Allgäu antraten und sich per Radio auf dem Laufenden hielten, blieb Gührer bei Studienkollegen in Rom. Während er mit ihnen zu Abend aß, sprach der italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi Samstagabend im Fernsehen - 'mit schwarzer Krawatte'. Nicht nur für den Kaplan ein Zeichen dafür, dass der Papst gestorben war. Obwohl Gührer Johannes Paul II. nie persönlich kennengelernt hat - er sah ihn lediglich bei großen Audienzen in Rom und bei einem seiner Deutschland-Besuche - berührte ihn der Tod. Sonntagabend gegen 24 Uhr stand auch er auf dem Petersplatz und betete mit den vielen tausend Gläubigen: 'Das war beeindruckend.' Zumal vor allem die Gruppen vertreten gewesen seien, die sich zum Papst besonders hingezogen fühlten: Jugendliche, Polen und die Medien. Gestern hätten die Parteien, die sich im Regionalwahlkampf befinden, ihre Plakate überklebt mit Dankesworten an 'Johannes Paul II., den Großen'. Und mit diesem Beinamen, ist sich Gührer sicher, werde der Papst in Erinnerung bleiben. Auch Stadtpfarrer Wolfgang Schilling erhielt über das Fernsehen die Todesnachricht. 'Ich war erleichtert, dass er hat würdig sterben können', bekundet der Geistliche, ein 'großer Verehrer des Papstes'. Er bewunderte ihn unter anderem wegen des 'mutigen Dialogs mit nichtchristlichen Religionen und für das Friedensgebet in Assisi'. Im Gottesdienst am Sonntag in St. Martin sei speziell für den Toten gebetet worden. An den Tagen zuvor betete die Gemeinde den Rosenkranz.

    Rosenkranz als Andenken Schilling hatte sogar die Ehre einer Privataudienz. Gemeinsam mit den Dekanen und den Domkapitel von Augsburg war er seinerzeit nach Rom gereist, hatte in der Privatkapelle des Papstes mit ihm die Messe mitgefeiert, sei persönlich begrüßt worden und habe als Andenken an diesen besonderen Moment einen Rosenkranz bekommen. 'Den trage ich immer bei mir und zeige ihn öfter den Kindern in der Schule', sagt er. Das wird er in den nächsten Tagen wohl noch mehrmals tun müssen. Der Marktoberdorfer Religionslehrer Josef Hönle war in der Karwoche 1959 erstmals mit einer Jugendgruppe in Rom. An die 100 Mal, so schätzt er, war er seither in der Ewigen Stadt, ob privat oder als Reiseleiter. Und natürlich würde es ihn reizen, auch in diesen Tagen dort zu sein. Aber viele andere Aufgaben hier vor Ort halten den pensionierten Lehrer davon ab. Höhepunkt der unzähligen Romreisen war für ihn eine Privataudienz bei Papst Johannes Paul II. im Jahr 1983. Sie ist nur wenigen Menschen vorbehalten. Es habe, so Hönle, guter Beziehungen bedurft. Gemeinsam mit dem damaligen Kaplan Zeller ist er dem Papst ganz nahe gewesen, konnte ihm die Hand reichen. Zunächst war in der kleinen Kapelle des Castello Gondolfo eine Messe gefeiert worden - 'es war ein Marienfest zu begehen' -, an der außer Zeller und Hönle nur einige Vertreter des Deutschen Roten Kreuzes und Professoren aus Krakau mit dabei waren.

    Auf Deutsch unterhalten Im Anschluss seien alle Besucher auf verschiedene Säle verteilt worden. Für etwa fünf Minuten habe das Kirchenoberhaupt mit ihnen gesprochen. Johannes Paul II. wollte wissen, wo seine Gäste her kamen, was sie beruflich machten, und er wünschte ihnen viel Mut und Stärke bei ihren Aufgaben. 'Er hat auf Deutsch mit uns gesprochen', erinnert sich Josef Hönle. Am Ende habe er Grüße an Bischof Stimpfle in Augsburg ausrichten lassen und einen Rosenkranz überreicht, den Hönle an seinem Schreibtisch aufbewahrt. 'Ich war fasziniert von der Persönlichkeit des Papstes', sagt Hönle. Er habe ihn ganz und gar in seinen Bann gezogen. Die Audienz, das aufmunternde und bestätigende Wort habe ihm neuen Elan gegeben. 'Durch die Begegnung hat man schon einen Impuls bekommen, alles anzupacken'. Viele Male hat der Marktoberdorfer auch allgemeine Audienzen im Vatikan miterlebt. Und wenn er ab 20. April wieder mit einer Reisegruppe in Rom weilen wird, könnte er sogar die Gelegenheit haben, den weißen Rauch aufsteigen zu sehen, der signalisiert, dass die Wahl des neuen Papstes gelungen ist. Oft hat auch Dekan Erwin Ruchte (Gröisried) Papst Johannes Paul II. in Rom gesehen, 'aber immer nur aus ein paar Metern Entfernung'. Insbesondere als Jugendpfarrer sei er früher jedes Jahr mit Ministranten nach Rom gefahren, 'für sie war dies immer ein großes Erlebnis.' So nah, dass er ihm die Hand geben konnte, sei er dem Papst aber nie gewesen.

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