Von Elisabeth Klein, Mauerstetten - Vor vielen Jahren fuhr Rita Kuhn als Entwicklungshelferin nach Kolumbien. Seither ist ihre Liebe für das südamerikanische Land und seine Menschen ungebrochen. Kuhn war früher Dorfhelferin in Germaringen und seinerzeit auch im Kreisvorstand der katholischen Landjugend aktiv. Zurzeit besucht sie ihre Schwester in Mauerstetten. Als spätere Leiterin eines Tagungshauses für Jugendgruppen in Aschaffenburg lernte sie den Missionar Josef Otter aus Villa Vicencio in Kolumbien kennen. Er war zu dieser Zeit Direktor des Pastoral Social, einem Internat für Jugendliche und Landwirtschaftsschüler. Dort zog es Rita Kuhn auch hin und sie ließ sich von der Arbeitsgemeinschaft Entwicklungshilfe in Köln ausbilden und vermitteln. Der sechsmonatige Vorbereitungskurs in Spanisch und Psychologie zur Bewältigung von Gewaltsituationen gab ihr das nötige Rüstzeug. Zwei Jahre blieb die heute 64-Jährige im Jungeninternat von Villa Vicencio, kochte und backte und half beim Verkauf der Backwaren. Viele der Buben kamen von weit her, um die Grundschule bis zur fünften Klasse zu besuchen, aber nicht alle konnten sich die Schulspeisung leisten. Obwohl es eine Schulpflicht gibt, wird sie vom Staat nicht kontrolliert. Nach zwei Jahren großer Hitze und Schwüle verlor sie immer mehr an Gewicht und hatte keinen Appetit mehr. Außerdem machte ihr die große Gewaltbereitschaft vieler Menschen und die Kriminalität zu schaffen. So wurde sie nach einem weiteren Vorbereitungskurs in Köln in die 2700 Meter hochgelegene Bergregion von Boyaca in der Nähe der Stadt Paipa vermittelt, wo sie auch heute noch lebt. Dort arbeitete sie mit Bäuerinnen zusammen, die in verstreuten Weilern leben, zeigte ihnen, wie man Gemüse im Hausgarten anlegt und züchtet sowie bestimmte Handarbeiten. Bislang hatten diese nur gelernt, Decken herzustellen, das Stricken von Socken, Handschuhen und Pullovern war dort nahezu unbekannt. Obwohl auch die Männer in den dortigen Kohlenminen den Ruf hatten, gewalttätig zu sein, musste sie feststellen, dass es nicht stimmte.
Die Arbeit war anstrengend, aber immer erfüllend. Hat sie sich je gefürchtet? 'Angst lähmt', weiß sie zu berichten. 'Wenn man Angst hat, kommt man nicht vorwärts.' 1998 kaufte sie ein Grundstück und baute ein experimentelles Landwirtschaftsprojekt auf. 'Man muss den Menschen dort zeigen, dass etwas funktioniert', ist ihre Devise. Sie baute ein Haus in der dort schon fast vergessenen Lehmziegelbauweise und baute Kartoffeln, Mais, Erbsen und Bohnen an. Dazu kommt Milchvieh- und Geflügelhaltung. Über 30 Jugendliche helfen dabei und werden von einheimischen Landwirtschaftsingenieuren unterrichtet. Auf ihrem vier Hektar großen Weinberg mit Pinot noir- und Silvanertrauben wird heuer die erste Ernte erwartet. Sie zeigte den Einheimischen, wie man in der regenarmen Trockenzeit Wasser sparen kann. Teiche und Kanäle wurden angelegt, in denen Wasser nicht nur gesammelt, sondern auch regeneriert wird. Sogar Universitätsklassen aus Bogot&po_135; und Duitama kommen, um dort zu lernen. Obwohl Rita Kuhn eigentlich schon in Rente ist, will sie weitermachen. 'Es gibt noch viel Arbeit', außerdem zählten die Menschen dort auf sie. Während ihres achtwöchigen Besuches bei der Schwester in Mauerstetten lernte sie Energieberater Adalbert Freichel kennen, der ihr die Vorzüge von Solarkollektoren näher brachte. Diese sollen nun auch in Kolumbien zum Einsatz kommen. i Rita Kuhn wird am Mittwoch, 17. Juli, um 20 Uhr im Gasthaus Kugler in Westendorf bei einer Veranstaltung der katholischen Landvolkbewegung von ihrer Arbeit in Südamerika berichten.