Max Schmelcher ist der herausragende Künstler im Westallgäu. Die jüngste Ausstellung, die er konzipierte, zeigt jedoch nicht seine aktuellen Arbeiten, sondern die seines Vaters Herbert, der als Maler allgäuweit bekannt war und im Jahr 1998 gestorben ist. Im Gespräch mit unserer Redakteurin Ingrid Grohe spricht Max Schmelcher darüber, wie viel jeder Mensch - oft unbewusst - von Eltern und Großeltern übernimmt. Das hat er in den Werken seines Vaters entdeckt.
Herr Schmelcher, Künstler gelten gemeinhin - pardon - als nicht ganz unkomplizierte Menschen. Wie erlebten Sie es als Kind, Sohn eines Künstlers zu sein?
Max Schmelcher: Ich finde gar nicht, dass Künstler kompliziert sind. Sie sind eher zurückhaltend. Ich kenne viele Künstler, die ihr Leben ganz normal führen. Kompliziert wird das Ganze vielleicht durch die Medien, die Einzelne ins Visier nehmen, und dann meint man, alle seien so.
Und wie war es, einen Künstler als Vater zu haben?
Schmelcher: Ich fand das richtig toll. Von klein an hatte ich die Bilder vor Augen und konnte vieles beobachten.
Das heißt, Sie haben Ihrem Vater bei der Arbeit zugeschaut?
Schmelcher: Ja, mein Vater hat mir viel gezeigt. Ich habe ihm ja auch oft geholfen, zum Beispiel bei den Wandmalereien - und dabei einiges gelernt. Zum Beispiel, was Farbe anbelangt. Er hat mir beigebracht, etwas genau anzuschauen. Wenn wir unterwegs waren, machte er mich oft aufmerksam: Schau mal, die Stimmung an, schau die Wolken! Das nervt einen manchmal als Kind, immer schauen, schauen, schauen. Aber das ist ganz wesentlich.
Wurde in der Familie über die Kunst oder über Erfolge und Misserfolge geredet?
Schmelcher: Eigentlich wenig. Mein Vater machte seine Arbeit, wie es die meisten Menschen tun.
Hat das Vorbild Ihres Vaters Ihnen die Kunst als Beruf schmackhaft gemacht oder eher das Gegenteil?
Schmelcher: Eher das Gegenteil. Er hat immer gesagt, ich soll was Gescheites lernen und wollte mich von der Kunstrichtung abbringen. Aber durch meine langen Reisen ist mir klar geworden, dass es schon immer mein Wunsch war, Künstler zu werden. Und dadurch, dass er mir das ausreden wollte, hat es sich durchgesetzt.
War es für Herbert Schmelcher schwer, Ihre Entscheidung zu akzeptieren?,
Schmelcher: Nein, er hat mich irgendwann ermutigt, mich endlich zu entscheiden.
Als Sie dann später selbst schon akademischer Künstler waren - gab es einen beruflichen Austausch zwischen Vater und Sohn, oder entwickelte sich eher eine Art Konkurrenzgefühl?
Schmelcher: Nein, es war dann richtig toll. Nach der Akademie haben wir uns gegenseitig die Bilder angeschaut, uns ausgetauscht und kritisiert.
Ihr Vater hat Ihre Leistung also anerkannt?
Schmelcher: Ja absolut. Er hat erkannt, dass es der richtige Weg war. Das war richtig schön.
Was bedeutet es für Sie, jetzt mit einer Ausstellung an ihn zu erinnern?
Schmelcher: Es ist interessant, sich mit seinen Arbeiten zu beschäftigen. Die Einladungskarte zur Vernissage bestand ja aus Skizzen meines Vaters. Diese Skizzen hat er alle im Format von Fotoplatten gemacht. Solche Fotoplatten hat mein Großvater verwendet, er war Fotograf in Lindenberg. Ganz unbewusst hat mein Vater dieses Format übernommen, er ist davon nicht weggekommen.
Und auch nicht von den Grautönen, diesen wunderbar farbigen Grautönen. Als ich ihn mal darauf aufmerksam machte, war er selbst ganz verwundert. Und so geht es mir auch jetzt. Beim Vorbereiten der Ausstellung ist mir bewusst geworden, was man übernimmt von Eltern und Großeltern - über Generationen. Und man vergleicht auch: Was hat er in diesem Alter gemacht und was mache ich jetzt?
Wie ist die Resonanz auf die Gedächtnisausstellung?
Schmelcher: Die Eröffnung war sehr schön, die ganzen alten Freunde meines Vaters sind gekommen. Das war wirklich rührend für mich. Von den Besuchern sind viele überrascht, wie vielseitig mein Vater war.
Wenn sie ein Fazit ziehen: War es ein Glück für Sie, einen Künstler zum Vater zu haben?
Schmelcher: Ja absolut. Sonst hätte ich ja nicht so ein wunderbares Leben.
Die Gedächtnisausstellung Herbert Schmelcher ist noch bis 1. Juli in der Cafeteria des Seniorenzentrums St. Martin in Lindenberg zu sehen.