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Er beschützte mich vor Löwen im Busch

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Er beschützte mich vor Löwen im Busch

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    Marktoberdorf (hkw). - 'Ich liebte, wie ich noch nie zuvor geliebt hatte', beschrieb Corinne Hofmann den Moment, der ihr Leben 'in einer Sekunde um 180 Grad veränderte'. Authentisch und fesselnd erzählte die 'weiße Massai' im Marktoberdorfer Autohaus Singer über ihren Aufbruch in den kenianischen Busch und ihr Leben mit dem Massaikrieger Lketinga. Kritischen Fragen, so auch nach der Genitalverstümmelung der Samburu-Frauen, wich die Autorin von mittlerweile drei autobiographischen Büchern dabei nicht aus. Mit ihrem lebendigen Auftritt lernten rund 250 Gäste auf Einladung der Sparkasse Allgäu die echte 'weiße Massai' kennen. Sie begrüßte Manfred Kreisle, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende. Corinne Hofmann, die oft mit Nina Hoss aus dem Film verknüpft wird, überzeugte: Die 1960 geborene Schweizerin verklärte ihre Vergangenheit nicht als Abenteuer, sondern erklärte sie, gab Antworten, die Distanz zu ihren Erlebnissen zeigten. Ohne die grenzenlose Liebe zu dem Massai Lketinga hätte sie nie mit ihm und seiner Mutter in der spartanischen, mit Kuhdung verputzten Hütte gewohnt, gestand sie. 'Man muss sehr stark lieben, um vier Jahre so zu leben.'In Afrika war Corinne Hofmann auf 48 Kilogramm abgemagert. Sie wusste nie, ob es am nächsten Tag überhaupt etwas zu essen gab oder ob beispielsweise eine Ziege geschlachtet wurde. Diese werden von den Samburu erstickt, bevor das Messer gewetzt wird, erzählte sie: 'Sie trinken das warme Blut.'

    Glückliche Monate in Kenia Corinne Hofmann war 1986 spontan nach Kenia gereist, weil ihr Brautmodengeschäft überflutet war. Mit ihrem damaligen Verlobten, der sie in den Südosten Afrikas begleitet hatte, sei sie glücklich gewesen, sagte sie. 'Ich hatte keine Sehnsucht nach einem anderen Mann.' Ihre Begegnung mit dem Massai Lketinga sei für beide 'wie ein Fundament gewesen, das zusammenbricht'. Am liebsten hätte sie geheult, so Corinne Hofmann. Der Rest ist bekannt: Wenige Monate später gab sie ihr Leben in der Schweiz auf, flog zurück und heiratete Lketinga. Zunächst verbrachte sie trotz der Entbehrungen glückliche Monate in dem Massaidorf Barsaloi. 'Lketinga beschützte mich mit Speeren und Buschmesser: auch vor den Löwen', erzählte sie. Bis er immer eifersüchtiger wurde. 'Einem anderen Mann in die Augen zu sehen, ist dort wie Fremdgehen.' Mit fremden Männern Geschäfte zu machen, sei ganz unüblich. Dennoch hat sie Maismehl, Reis und Zucker verkauft - und zuletzt Souvenirs in Mombasa. Ihr Mann trank immer mehr, wurde extrem eifersüchtig, sie selbst erkrankte sechsmal an Malaria: Ende 1990 flüchtete sie mit ihrer Tochter Napirai in die Schweiz. Vor zwei Jahren war sie wieder in Barsaloi, wo sie trotz Flucht herzlich aufgenommen wurde - ohne ihr inzwischen 17-jähriges Kind. 'Napirai muss erst 18 sein, damit ich sie wieder aus Kenia herausbringe', betonte Corinne Hofmann auf Nachfrage. Für Entsetzen unter den Zuhörern in Marktoberdorf sorgte ihre Schilderung von der Beschneidung der 13- bis 18-jährigen Samburu-Mädchen vor deren - unfreiwilliger - Verheiratung. Ob sie dagegen etwas unternehme, wurde sie gefragt. Überzeugend ehrlich war auch hier ihre Antwort: 'Das ist so in den Köpfen verhaftet: Von mir als Weiße akzeptieren sie da keine Einmischung', so Hofmann. 'Ich würde nur die Familie verlieren.' Kurze Passagen las sie auch aus ihren Büchern vor: 'Die weiße Massai' (1998), 'Zurück aus Afrika' (2003) und 'Wiedersehen in Barsaloi' (2005).

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