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"Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht"

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"Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht"

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    Memmingen | johs | Die Finanzkrise sorgt täglich für neue Negativ-Schlagzeilen. Sparer und Anleger sind verunsichert. Entsprechend groß war das Interesse am Donnerstagabend in der Buchhandlung Edele. Über 40 Zuhörer verfolgten die Diskussion zwischen dem Finanzexperten und Chefredakteur der Zeitschrift "Finanztest", Hermann Josef Tenhagen, und Moderator Klaus Wittmann von Antenne-Bayern. Tenhagen ging vor allem mit den Bänkern hart ins Gericht, gab aber auch Tipps zur Altersvorsorge und Geldanlage.

    Die Ursache für die weltweite Krise führte Tenhagen auf den "Immobilien-Wahnsinn" in den USA zurück. Alle hätten auf eine stetige Wertsteigerung vertraut, Menschen mit geringem Einkommen seien zu einer Kreditaufnahme überredet worden. "In diesem eklatanten Umfang habe ich das noch nie erlebt", so der Chefredakteur. Viele Kredite seien zu großen Schuldscheinen gebündelt und weiterverkauft worden. "Auch nach Europa." Plötzlich seien die Papiere nicht mehr viel Wert gewesen. Wertlos seien sie allerdings nicht. "Keiner hat aber die über 500 Seiten langen Verträge verstanden, die nur in englischer Sprache existieren", erklärte Tenhagen. Die Banken hätten sich untereinander nicht mehr vertraut. Auf Vertrauen basiere jedoch das gesamte Bankensystem.

    Besonders Deutschland als Export-Weltmeister leide unter der Krise. "Wenn das Interesse an T-Shirts aus China in den USA abnimmt, ist auch Deutschland davon betroffen, da viele heimische Werkzeugmaschinen für die Produktion bisher nach China gelieferten wurden", so Tenhagen. Dagegen sei die Binnennachfrage in Deutschland das kleinere Problem. Ebenso nahm er zu den Kurskapriolen der VW-Aktie wegen der geplanten Übernahme durch Porsche Stellung. "Diese Leerverkaufsnummer zeigt, dass Porsche eigentlich nur noch ein Hedgefonds mit angeschlossener Autowerkstatt ist." Er zweifelte daran, ob dort Kleinaktionäre überhaupt noch erwünscht sind.

    Im Anschluss ging Tenhagen auf Fragen ein, die den Zuhörern auf den Nägel brannten. Hier einige Auszüge:

    Kann man Bänkern überhaupt noch vertrauen? "Bänker sind nichts anderes als Kaufleute. Das ist zwar legitim, doch diese Tatsache sollte sich jeder vor Augen führen." Wer sein Geld in Aktien anlegen möchte, erhalte in der Regel kein Beratungs-, sondern ein Verkaufsgespräch. Daher riet Tenhagen den Besuchern zu mehr Eigenverantwortung, da viele ihren MP3-Player besser kennen würden als ihre Aktien oder ihre Altersvorsorge.

    Ist eine Immobilie eine gute Altersvorsorge? "Das kommt vor allem auf die Lage des Gebäudes an." Wichtig sei, dass man immer die demografische Entwicklung vor Ort im Auge behalte. Zwar müsse man im Alter keine Miete mehr bezahlen, gleichzeitig sei eine Immobilie ein Vermögen, das man nicht so leicht Stein für Stein wieder abtragen könne. Eine zusätzliche, halbwegs vernünftige Absicherung sei daher in der Regel unverzichtbar (weitere Tipps siehe Infokästen).

    Haben wir die Talsohle bereits durchschritten? "Auch ich habe keine Glaskugel, die verrät, wie es in ein bis zwei Jahren aussehen wird. Ich glaube jedoch, dass wir das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht haben."

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