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Elfjähriger durfte wochenlang nicht zur Schule

Oberallgäu

Elfjähriger durfte wochenlang nicht zur Schule

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    Elfjähriger durfte wochenlang nicht zur Schule
    Elfjähriger durfte wochenlang nicht zur Schule Foto: christian steinmÜller

    Während andere Kinder in die Schule gingen, saß der kleine Felix (Name von der Redaktion geändert) wochenlang allein zu Haus, vom 21. April bis 21. Juni. Die Polizei holte den Elfjährigen nicht ab, um ihn in die Schule zu bringen. Er wurde auch in keiner Klasse vermisst, denn er war nirgendwo angemeldet. Man könnte auch sagen: Niemand wollte den Buben, denn er gilt als "schwierig", nicht "regelbeschulbar".

    Ihm war von der Agnes-Wyssach-Schule in Kempten ein Platz ab September in Aussicht gestellt worden. Die Mutter wollte diese Verzögerung nicht hinnehmen, wandte sich in ihrer Verzweiflung zunächst an Landrat Gebhard Kaiser, dann an die Allgäuer Zeitung. Durch die Recherche kam offensichtlich Bewegung in die verfahrene Situation. Felix darf nun stundenweise (mit spezieller Betreuung) eine Oberallgäuer Grundschule besuchen, im Herbst findet er einen Platz in der Stütz- und Förderklasse der Agnes-Wyssach-Schule. Warum war die Situation mit dem Buben so schwierig? Felix leidet unter ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom), ist in dauerhaft ärztlicher Behandlung. Dazu kommen sozial-emotionale Probleme, die sich laut dem ehemaligen Schulleiter der Heimatgemeinde so äußerten, dass Felix seine Mitschüler kratzte oder gar biss. Der Bub war deshalb nicht lange auf der Regelschule im Oberallgäu: Er wurde in der Philipp-Neri-Schule in Kempten (Schule für Erziehungshilfe), einige Zeit an der Agnes-Wyssach-Schule (sonderpädagogisches Förderzentrum) und zuletzt - auf Vermittlung des Oberallgäuer Jugendamts - in der speziell an seine Probleme angepassten St.-Anna-Schule (Schule für Erziehungshilfe mit Heim) in Leutkirch unterrichtet. Schule und Heim seien ideal für Felix gewesen, heißt es aus dem Jugendamt. Der Landkreis hat sich den Aufenthalt dort deshalb 3500 Euro pro Monat kosten lassen.

    Allerdings holte die Mutter den Buben von dort wieder nach Hause. Sie sagt: "Er hatte im Heim immer wieder Verletzungen, ist von anderen Mitschülern bedroht worden." Felix selbst muss verbal ausfällig geworden sein. Kurzum, es gab massive Probleme. "Ich habe ihn da raus nehmen müssen," sagt die Mutter.

    Jugendamt war informiert

    Sie informiert das Oberallgäuer Jugendamt über die Abmeldung, erklärt, dass sie den Buben nun an der Schule ihrer Heimatgemeinde anmelden wolle. Mit dem Argument, der Bub brauche eine spezielle Förderung, verweist der dortige Schulleiter die Mutter allerdings an den mobilen sonderpädagogischen Dienst, der zur Agnes-Wyssach-Schule gehört. Dort heißt es aber, Felix könne erst ab Herbst kommen. Jetzt gebe es keine für sein Alter passende Stütz- und Förderklasse.

    Die Mutter ist am Verzweifeln: "Das kann doch nicht sein, dass mein Kind noch wochenlang zu Hause sitzt." Daran allerdings habe sie selbst auch einen Anteil zu tragen, sagt der Leiter der Agnes-Wyssach-Schule, Bernd Dossenbach. Schließlich habe die Mutter ihren Sohn ohne weitere Absprache aus einer Fördermaßnahme des Landkreises geholt.

    "Wir sind nicht zuständig"

    Und wie verhält sich das Schulamt Oberallgäu, auch hinsichtlich der gesetzlich geregelten Schulpflicht? Schulamtsdirektor Thomas Novy: "Wir sind nicht zuständig, wenn der Bub vorher in einer Förderschule war." Er verweist an die Regierung von Schwaben

    Bei einem schon lange geplanten Termin am vergangenen Montag ist nun endlich eine Lösung gefunden worden, die sofort greift. Heimatschule des Buben, Agnes-Wyssach-Schule Kempten und die Mutter haben zusammen an einer praktikablen Umsetzung gefeilt. Dossenbach: "Manchmal dauert es eben länger, bis eine fürs Kind ideale Situation geschaffen werden kann."

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