Die Kemptener Hofdruckerei Typographia ducalis Campidonensis gehört zu den ältesten Verlagshäusern der Welt. In ihr wurde auch ein Großteil der Arbeitsbibliothek der Kemptener Fürstäbte gedruckt. 884 Bücher überstanden die Wirren um die Säkularisation 1802/03 unbeschadet und kehren nun in die Residenz zurück. Der Kemptener Unternehmer Paul Huber schenkte den wertvollen Besitz seiner Heimatstadt.
Dieses einmalige Stück Geschichte der Stadt und des ehemaligen Fürststifts Kempten wird künftig auch für Forschungszwecke zugänglich gemacht, so Huber. Der größte Teil entstammt wohl der ehemaligen Konvents- und Stiftsbibliothek in der Kemptener Residenz, die im Gegensatz zur Fürstlichen oder Hofbibliothek keine gelehrte Büchersammlung, sondern eine Arbeitsbibliothek für den praktischen Gebrauch war. Sie half den Stiftsherren und den Verwaltungsbeamten bei der Bewältigung der fachlichen Anforderungen, die ihre jeweiligen Ämter mit sich brachten.
So ist das Themenspektrum auch sehr breit gefächert. Darunter finden sich Standardwerke aus dem juristischen Bereich, der Medizin, der Landwirtschaft, der Wirtschaftswissenschaft und der Theologie.
Handschrift des St. Galler Abtes
Einzigartig ist die handschriftliche "Ethica" des St. Galler Abtes Beda Angehrn. Eine weitere Handschrift ist ein theologisches Werk, das Dominikus von Brentano (1740 - 1797) mit 18 Jahren handschriftlich kopierte. Der Aufklärungstheologe, Bibelübersetzer und Schriftsteller war einer der berühmtesten Kemptener Stiftsherrn.
Die Bibliothek reicht von frühen Druckwerken des 15. und 16. Jahrhunderts bis in die Zeit um 1830. Enthalten sind die Nachlässe des Studiendirektors Prof. Andreas Cammerer, der am Stiftsgymnasium lehrte, oder des fürstäbtlichen Leibarztes Dr. Anselm Friedrich Heimisch. Nach der Säkularisation kamen Vorschriften für die bayerische Verwaltung und das Militär hinzu. Erhalten sind auch Bücher des Stiftsgymnasiums (heute Carl-von-Linde-Gymnasium), das auch die Huber-Sprösslinge besuchten.
Wie kam die Sammlung in den Besitz der Familie Huber? Die eigentliche Hof- oder fürstäbtliche Bibliothek wurde weit verstreut. Dagegen überdauerte die so genannte Stiftsbibliothek als Gebrauchsbibliothek die Säkularisation unbeschadet. Huber vermutet, dass die Buchsammlung 1838 mit dem Erwerb der Druckerei in den Besitz seiner Familie kam. "Man sieht, dass mit den Bücher gearbeitet wurde, denn es gibt viele Randnotizen", erläutert der ehemalige "Kösel"-Druckereibesitzer.
In jedem Fall standen die Bücher seit dem 19. Jahrhundert im alten Druckhaus in der Wartenseestraße. Vor 100 Jahren baute Dr.Paul Huber, Onkel des jetzigen Stifters, die "Huber-Villa" am Kanalweg und einen eigenen Raum für die Stiftsbibliothek. Hubers Tochter schenkte die Werke in den 1960er Jahren ihrem Cousin Paul. "Der Gang in die Bibliothek war stets etwas Besonderes", erzählt Ehefrau Krista.
Neue Attraktion für Prunkräume
Paul Huber wollte die Büchersammlung auf Dauer der Öffentlichkeit und der Wissenschaft zugänglich machen. In Verbundenheit mit seiner Heimatstadt beschloss er, den Buchbestand dem Stadtarchiv anzuvertrauen. Dr. Johannes Erichsen, Präsident der Bayerischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, sowie Museumsdirektor Dr. Peter Krückmann haben bereits zwei große historische Bücherschränke im Vorzimmer des Thronsaales in der Residenz aufgestellt. Ab 2010 werden die Bücher dann bei den Führungen in den Prunkräumen eine wichtige Rolle spielen.