Der Innenhof der Justizvollzugsanstalt (JVA) ist mit kaltem Neonlicht ausgeleuchtet. Stacheldraht, wohin man schaut. Siegfried Wassermanns Schlüsselbund klirrt. Der uniformierte Leiter des allgemeinen Vollzugsdienstes geleitet die Besucher vorbei an einem Überwachungsmonitor durch die streng gesicherte Eingangsschleuse.
Eine rund 30-köpfige Gruppe des Memminger Ausländerbeirates ist an diesem Abend zu Gast in der JVA an der Gaswerkstraße. Sie ist einer Einladung von Sozialarbeiter Josef Albrecht gefolgt. Zusammen mit Wassermann und JVA-Abteilungsleiter Harald Thalmaier führt er die Gäste durch das Gefängnis (siehe auch Infokasten).
Wassermann sperrt eine - nicht belegte - Zelle auf. Keiner der Besucher hält sich länger als nötig in dem kargen, weiß gekachelten Raum auf, der nur acht Quadratmeter groß ist - zuzüglich einer abgetrennten, einen Quadratmeter großen Toilette. Noch größer wird ihre Beklommenheit, als Siegfried Wassermann ihnen erzählt, dass sich normalerweise zwei Inhaftierte eine Zelle teilen.
20 Stunden eines jeden Tages müssen diejenigen hinter Schloss und Riegel verbringen, die in der JVA nicht arbeiten. Zahlreiche Inhaftierte dürfen jedoch regelmäßig raus aus der Zelle und einer Beschäftigung nachgehen - rund 30 von ihnen beispielsweise in der Arbeitshalle der JVA. Dort erledigen sie Aufträge für zahlreiche Firmen aus der Region.
Die Besuchergruppe wird nun in den Gemeinschaftsraum geführt, wo ein überlebensgroßes Holzkruzifix an der Wand hängt. Dort berichten Thalmaier, Albrecht und Wassermann unter anderem, dass Alkohol in der JVA "absolut tabu" sei. Seit 1995 sei es den Häftlingen in Bayern allerdings erlaubt, in der Zelle einen Fernseher zu haben - auf eigene Kosten.
"Insgesamt sind die Inhaftierten bei uns sehr bescheiden untergebracht", betont Thalmaier. "Die durchschnittliche Verweildauer bei uns beträgt allerdings nur 65 Tage", ergänzt Wassermann. Das hänge damit zusammen, dass in der JVA Memmingen lediglich Untersuchungshäftlinge säßen sowie Männer und Frauen, die zu einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr verurteilt worden seien. "Natürlich haben wir auch Stammgäste", sagt der Abteilungsleiter, "andere wiederum kommen aus der Arbeitslosigkeit und kehren dorthin zurück."
Nackte Frau und frische Luft
Aus jahrzehntelanger Erfahrung schöpft JVA-Sozialarbeiter Albrecht, als er hinzufügt: "Die Resozialisation von Strafgefangenen ist oft nur ein Schlagwort. Wir haben viele hier bei uns, bei denen nie eine Sozialisation stattgefunden hat."
Und dann öffnet sich für die Besucher auch schon wieder die Sicherheitsschleuse. Von draußen kann man durch ein vergittertes Zellenfenster schauen. Drinnen flimmert der Fernseher. An der Schranktür hängt ein großformatiges Poster, auf dem eine nackte Frau zu erkennen ist.
Auf dem Rückweg in die Freiheit fühlt sich die frische Abendluft besonders gut an.