Der Zigeuner Bobby Falta entwickelte im Lauf seiner Karriere die eigene Tradition fort. Von unserem Mitarbeiter Albert Hefele Memmingen Seit 1969 weiß Bobby Falta, dass er nicht so aussieht, wie es sich für einen Zigeuner gehört. Damals in Wien eine Fernsehsendung, Bobby war der Chefgitarrist des Schnuckenack Reinhardt Quintetts. Die Musik war in Ordnung und doch war der Aufnahmeleiter unzufrieden: 'So sieht doch kein Zigeuner aus.' Bobby Falta war gemeint, und bevor er sichs versah, wurde ihm ein dunkler Teint geschminkt und ein schmuckes Bärtchen verpasst.
Dass Bobby Falta ein richtiger Zigeuner ist, darüber besteht allerdings kein Zweifel. Seine Mutter war eine württembergische Sinti, der Vater ein österreichischer Halbjude. Geboren ist er 1941 in Salzburg; nach dem Krieg landete die Familie in Memmingen, im Allgäu. Und irgendwie nahm die Karriere des Bobby Falta hier ihren Anfang. Auf dem Bau, genaugenommen. Wo der junge Bobby sich einige Wochen versuchte, bis der Polier den ewig Pfeifenden heimschickte.
Immerhin langte das ermauerte Geld für die erste Gitarre. Er spielte und spielte und wurde immer besser. Zigeuner sind schließlich musikalisch. Alle? 'Natürlich nicht alle', Bobby Falta muss schmunzeln. Er schmunzelt auf eine Art und Weise, als wolle er damit ausdrücken: 'Aber das darf man nicht sagen.' Für einen Zigeuner ist seine Musikalität eine Selbstverständlichkeit. Eine Pflicht. Das ist Tradition, und wie die meisten sich sehr lange haltenden Traditionen hat auch diese einen völlig unromantischen Kern. Musik war für die Zigeuner schlicht und einfach überlebenswichtig. 'Über ihre Musik wurden die Zigeuner akzeptiert', sagt Bobby Falta. Die Musik als Ritual, die Musikalität als Mythos. An dem nicht gekratzt werden darf. Es ist noch gar nicht so lange her, dass ein Interview-Auftritt Bobby Faltas aus einer Sendung über den Geiger Schnuckenack, mit dem er immerhin gemeinsam das Schnuckenack Reinhardt Quintett gegründet hatte, gecancelt wurde. Falta hatte darin der eigentlich völlig undramatischen Meinung Ausdruck verliehen, dass Leute, die Lehmann oder Maier heißen, genauso oft musikalisch sind, wie Leute die Reinhardt heißen. Für einen Zigeuner, für einen Zigeuner gar, der zur Reinhardt Familie gehört, ist das ein bisschen anders. Die Sippe ist heilig und die Sippe hat ihre Rituale und ihre Mythen.
Ein großes Talent: Sohn Lancy
Ein sehr bedeutener Mythos ist die Musik, sind die großen Musiker. Der größte von allen war Django Reinhardt, der Gitarrengigant des Quintett du Hot Club de France der zwanziger, dreißiger Jahre. Von seinem Ruf zehrt die Sippe heute noch. Manche zu Unrecht, manche zu Recht. Wie der Geiger Zipflo Reinhardt, mit dem Bobby Falta Mitte der Siebziger Jahre zusammenarbeitete. Damals gingen beide den ersten Schritt in Richtung einer anderen Musik. Weg vom traditionellen Swing, weg vom ehernen Gesetz: 'Ein Zigeuner muss wie Django spielen.' Moderner Jazz floss in ihre Musik. 'Ich fühle mich als Zigeuner, der moderner spielt, als die Traditionalisten es erwarten', sagt Falta.
Obwohl er sich immer weiter entwickelte, blieb er seinen Wurzeln treu. Kehrte immer wieder zum Swing zurück und blieb in erster Linie Zigeuner. Genau wie die nächste Generation der Faltas. Sein Sohn Lancy sagt: 'Ich bin Zigeuner, aber ich bin auch Musiker.' Ein Musiker, der bereits vor sechs, sieben Jahren als eines der größten Talente der Szene gehandelt wurde. Der viel mehr kann, als er zeigen darf. Einer von seinem Format müsste da sein, wo die große Musik spielt. Wo sein Vater Bobby schon war. Damals, als er noch Gitarre gespielt hat, wie ein richtiger Zigeuner. Entspanntes Verhältnis zur eigenen Tradition: Bobby Falta und sein Sohn Lancy entwickeln den Zigeuner-Jazz fort. Foto: Hefele