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Eine Zweiflerin wirbt für die Kirche

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Eine Zweiflerin wirbt für die Kirche

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    Maria Beckers sensibles Rollenportrait der Amerikanischen Päpstin begeistert in Immenstad Von Rosemarie Schwesinger Immenstadt. Selten ging ein Theaterstück so nachhaltig unter die Haut wie Esther Vilars jetzt von der Züricher Bühne 64 im Immenstädter Hofgartenaufgeführtes gedankliches Experiment über eine fiktive amerikanische Päpstin. Wer am darauf folgenden Tag die Buchhandlungen stürmte, um diemeisterhafte Dialektik dieses glühenden Plädoyers für den Katholizismus aus der Feder einer bekennenden Ungläubigen Wort für Wort nachlesen zu können, ging leer aus. Es gibt sie nicht (odernicht mehr) die Texte zu diesem futuristisch-satirischen Szenario umdie Antrittsrede der Päpstin Johanna II im Amerika des Jahres 2014. Was bleibt, ist die Erinnerung an einen außergewöhnlichen Theaterabend, den die großartige Maria Becker unter der Regie von Robert Freitag in einem (pausenlosen) beinahe zweistündigen Monologzelebrierte. Eine kleine, alte, unscheinbare Frau, in schlichtem Graugewandet, aus den amerikanischen Slums zur ersten weiblichen Nachfolgerin Petris auf den päpstlichen Stuhl erhoben, präsentiertsich via Fernsehen ihren Anhängern und Kritikern. Ein präzisegestylter PR-Auftritt, gesponsert von marktbeherrschenden Wirtschaftsunternehmen und durch zahlreiche Werbespots unterbrochen. Hinter dem spartanisch-düsteren Ambiente flimmert eineüberdimensionale Leinwand, auf der in den ersten Szenen die Bilderhöchst unterschiedlicher (fiktiver) Päpste eingeblendet werden.

    nebendem realen Johannes Paul II. suggerierten absonderliche Gestaltenvon konservativ, liberal bis zum schrillen Punk einen durchopportunistische Anpassung an den Zeitgeschmack bedingten Werteverlustder kirchlichen Hierarchie. Von diesen ungewöhnlichen Stilmitteln zunächst heftig irritiert,argwöhnten wohl die meisten Zuschauer zu diesem Zeitpunkt ein Abdriften in vordergründigen Zynismus oder schiere Blasphemie. Weitgefehlt dieses Stück wurde, trotz der für traditionelle Katholikengewiss höchst befremdlichen Art der Argumentation, zu einemleidenschaftlichen Plädoyer der Religion und ihren notwendigen Machtstrukturen. So lässt Esther Vilar ihre Päpstin zu den einzelnen Menschen sprechen,zu den Männern, den Frauen und den suchenden heranwachsenden, die aufder Flucht vor allzu großer unerträglicher Freiheit in denverbindlichen Verhaltensregeln der Kirche vielleicht die letzte Rettung und ein Alibi fürs eigene Leben finden konnten. Selbst zweifelnd um den Glauben ringend, stellt sich diese Päpstin als Galionsfigur für eine Institution, die im Wettstreit gegenpolitische oder sektiererische Ideologien die Weichen zwischen Gut und Böse festzurrt, zur Verfügung. Dass die Kirche durch immer größere Liberalisierung, durch gefällige Anpassung an den jeweiligen Zeitgeschmack, sowie durch Armut und Demutabtrünnige Schäflein wieder an sich binden könne, hatte diese Päpstin Johanna II als Irrtum erkannt. Jede Ideologie braucht Macht,Glanz und Stärke, braucht die Möblichkeit zur Strafe gegen Regelverstöße und ein ebenso barmherziges wie dynamisches Schutzsystem für die (Freiheits-)Ängste des Individuums, lautete dienachdenkliche Botschaft. Als in der letzten Szene die nunmehr im prunktvollen traditionellen Papst-Ornat gekleidete Johanne II. verzweifelt mit ihrem Hergott rang,war´s mucksmäuschenstill im vollbesetzten Zuschauerraum. Danachbrandete begeisterter Applaus auf, der neben dieser sensilen Thematikvor allem der brillanten Maria Becker galt, die assistiert von einemgreisen Priester (Otto Freitag) diese religions-ph

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